Veranstaltung: | Herbst-Landesmitgliederversammlung 2018 der GRÜNEN JUGEND NRW |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 7 Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Mitgliederversammlung (dort beschlossen am: 04.11.2018) |
Status: | Angenommen |
Beschlossen am: | 04.11.2018 |
Eingereicht: | 22.11.2018, 18:28 |
Antragshistorie: | Version 1 |
V4-Beschluss: Menschenwürdige Pflege ermöglichen
Antragstext
Egal ob Krankenhausaufenthalt, die Betreuung von Menschen mit Behinderung oder
die Versorgung im Altenheim, Pflege geht uns alle an! Doch um die Gesundheit und
Pflege von Betroffenen gewährleisten zu können, brauchen wir vor allem eins:
Genügend ausgebildetes, motiviertes Fachpersonal. Die Realität zeigt jedoch eine
erschreckende Spanne zwischen Realität und Ideal. Laut einer Studie der Hans-
Böckler Stiftung feheln deutschlandweit alleine in Krankenhäusern etwa 100.000
Pflegestellen. Pfleger*innen sammeln Überstunden en masse, sind überarbeitet,
über das Maximum hinaus emotional sowie körperlich überlastet und werden dafür
auch noch katastrophal bezahlt. Deshalb fordert die GRÜNE JUGEND NRW eine
umfassende Reformierung der Pflege und vor allem der Personalstellen.
Immer wieder fordern Pfleger*innen aus den privaten sowie öffentlichen Bereichen
mehr Kolleg*innen. Zu oft müssen sie in völlig unterbesetzten Teams arbeiten,
der Pflegeschlüssel ist fast überall in den verschiedenen Einrichtungen
katastrophal. Das ist nicht hinnehmbar, denn nicht nur arbeiten Pfleger*innen
dadurch zu lange, zu oft und zu hart, sie können außerdem nicht die umfassende
Versorgung der Menschen in ihrer Obhut gewährleisten. Pfleger*innen berichtet
durchweg, dass es in dieser dramatischen Lage der Unterbesetzung fast unmöglich
ist, Menschen ausreichend und mit Würde zu versorgen. Das Wohlergehen der
Patient*innen und zu betreuenden Menschen ist dadurch massiv gefährdet und führt
immer wieder zu Mangelversorgung. Diese Missstände können nur durch ein großes
Mehr an Fachkräften behoben werden. Dieses Mehr darf jedoch nicht nur von
Politiker*innen und den Betreiber*innen privater Pflegedienstleistungen und -
einrichtungen definiert werden, denn wie am Pflegepersonal-Stärkungsgesetz klar
wurde, werden dann die notwendigen Stellen nicht nach den zu betreuenden und
versorgenden Menschen berechnet. Stattdessen fordern wir, Pfleger*innen,
Fachpersonal und Gewerkschaften mit einzubeziehen. Gute Pflege ist essentiell
für die Gesundeit und die Würde eines Menschen sowie für seine Teilhabe an der
Gesellschaft und daher muss Pflege dem Staat das nötige Mehr an zu besetzenden
Stellen wert sein. Wir solidarisieren uns daher außerdem mit allen
Pflegefachkräften, die für ihre Rechte eintreten und für bessere
Arbeitsbedingungen streiken, trotz oft massiver Kritik der Gesellschaft.
Um das Pflegepersonal zu entlasten, ist es wichtig, Arbeitsbedingungen zu
schaffen, die Pflegeberufe nicht nur erträglich, sondern lohnenswert machen. Es
kann nicht sein, dass Fachkräfte auch im Urlaub gebeten werden, zum Dienst zu
erscheinen, Überstunden in dreistelliger Höhe ansammeln und zum Teil über zehn
Tage am Stück arbeiten. Pflege ist aufwändig, sowohl körperlich als auch
psychisch, die Menschen in diesen Berufen sind nicht selten mit emotional
schwierigen Situationen konfrontiert und unter den momentanen Arbeitsbedingungen
ist es nicht möglich, sich regelmäßig wieder zu erholen, abzuschalten und zu
regenerieren. Die meisten dieser Bedingungen werden durch eine massive
Aufstockung der Personalzahlen bereits deutlich verbessert, allerdings reicht
das nicht aus. Wir fordern Anlaufstellen für Pflegekräfte, die sich um das
psychische Wohl der Fachkräfte, die dies in Anspruch nehmen wollen, kümmern. Wir
können schlichtweg nicht erwarten, dass Menschen eine der wichtigsten Aufgaben
innerhalb unserer Gesellschaft ohne die notwendige Unterstützung, komplett
überarbeitet, unterbesetzt und dazu noch unterbezahlt auf sich nehmen.
Berufe in der Pflege attraktiver für Neueinsteiger*innen zu machen, brauchen wir
höhere Löhne. Viele (junge) Menschen, die sich für einen Beruf in der Pflege
interessieren, müssen sich die Frage stellen, ob sie mit der gebotenen Bezahlung
leben können und wollen. Denn die Löhne, die gezahlt werden, stehen leider in
keiner Relation zu dem Stress und der geleisteten Arbeit, die oft wortwörtlich
lebensrettend ist. Selbst mit einem geplanten Anstieg der Pflege-Mindestlöhne
auf 11,35 Euro pro Stunde im Westen und 10,85 Euro im Osten gehören die Berufe
in der Pflege sicher nicht zu den besser bezahlten Berufen. Gerade für Menschen,
die in Städten wohnen, ist es schwierig mit diesen Löhnen ein gutes Leben zu
führen. Auch muss die Diskrepanz zwischen Pflege-Mindestlöhnen im Westen und
Osten abgebaut werden.
Darüber hinaus erfolgt Wertschätzung in einem kapitalistischen System auch über
die Bezahlung, die eine Person für die ausgeübten Berufe bekommt. Gerade in
Zeiten, in denen die Gesellschaft immer älter wird, ist die Pflege
überlebenswichtig. Wir sind auf Menschen angewiesen, die sich in Krankenhäusern,
Hospizen und privat um uns kümmern- und sollten diesen Einsatz auch entsprechend
würdigen.
In diesen privaten Pflegeeinrichtungen geht es primär um Profitmaximierung. Die
Qualität der Pflege sowie die Lage der Arbeiter*innen ist dabei nebensächlich.
Von Pflegepersonal in privaten Einrichtungen wird oft mehr verlangt, als bei
öffentlichen Träger*innen. Sie müssen länger arbeiten und verdienen oft weniger.
Den Strukturen fallen auch Patient*innen zum Opfer, die oft unter mangelhafter
Behandlung und Zuwendung leiden, einfach aus dem Grund, dass Menschen und
Ressourcen fehlen, um sie adäquat zu behandeln und zu versorgen.
Wir fordern, dass die Pflege, wie der gesamte Gesundheitsbereich primär darauf
ausgelegt sein sollte, den betroffenen Menschen eine bestmögliche Pflege zu
bieten. Dafür müssen die Strukturzwänge, die zu Unterbezahlung und
Überschichten, zu schlechter Pflege und Behandlung führen durchbrochen werden.