Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Frühjahr 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Verschiedene Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesmitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 07.04.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Abgestellt statt eingestellt
Beschlusstext
In Deutschland arbeiten rund 270.000 Menschen in über 700 Werkstätten für
Menschen mit Behinderung, ein Großteil davon in NRW. Die Werkstätten sollen
Menschen Fähigkeiten vermitteln, um am Allgemeinen Arbeitsmarkt teilnehmen zu
können. Die Weitervermittlung in den Allgemeinen Arbeitsmarkt liegt jedoch bei
unter einem Prozent. Inklusion sieht anders aus!
Widerspruch im System beenden!
Dies liegt unter anderem an der Vorgabe zur Wirtschaftlichkeit der Werkstätten
und an der sogenannten Ausgleichsabgabe, mit der sich große Unternehmen für
wenig Geld von der Pflicht „freikaufen”, Menschen mit Behinderung einzustellen,
anstatt strukturelle Änderungen für mehr Inklusion vorzunehmen. Zusätzlich
profitieren Unternehmen von der Produktion der Werkstätten durch geringere
Kosten und die Möglichkeit, 50% der Ausgleichszahlungen abzurechnen. Diese
Strukturen sind mit dem gesetzlichen Inklusionsauftrag der Werkstätten nicht
vereinbar.
Deshalb fordern wir, dass…
die Werkstätten Menschen mit Behinderung dabei wirklich unterstützen, im
Allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.
Barrieren im Allgemeinen Arbeitsmarkt abgebaut werden.
die Ausgleichsabgabe abgeschafft wird.
Dumpinglohn made in Germany
Während die Beschäftigten ein Werkstattentgelt von 1,46 Euro pro Stunde
erhalten, machten die Werkstätten 2022 einen Umsatz von ca. 8 Milliarden Euro.
Durch die Ausbeutung von Menschen mit Behinderung können große Unternehmen mit
hoher Qualität und dem Siegel „Made in Germany” werben. Und bei Menschen mit
Behinderung, die auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt wurden, werden
Zuverdienste und das Weihnachtsgeld mit ihrer Grundsicherung verrechnet.
Deshalb fordern wir…
eine faire Bezahlung der Beschäftigten, mindestens auf Mindestlohn-Niveau.
Erhöhung des Freibetrags auf die Grundsicherung.
Streik ist ein Grundrecht!
Beschäftigte in Werkstätten können keine Gewerkschaften gründen oder ihnen
beitreten. Anstelle von Betriebsräten gibt es Werkstatträte mit beschränkten
Kompetenzen. Außerdem besitzen die Beschäftigten kein Streikrecht, sodass es
ihnen nicht möglich ist, aus Protest gegen vorherrschende Bedingungen, die
Arbeit niederzulegen.
Deshalb fordern wir…
Arbeitnehmer*innenrechte für Beschäftigte der Werkstätten.
das Streikrecht für Arbeiter*innen in Werkstätten nach Art. 9 Abs. 3 GG.
Kurzfristig ist die Angleichung von Lohn und Arbeitnehmer*innen-Rechten eine
wichtige Verbesserung für die Beschäftigten der Werkstätten. Langfristig steht
für uns als GRÜNE JUGEND NRW aber fest, dass die Werkstätte abgeschafft gehören.
Das System ist nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar. Die
Werkstätten von heute auf morgen zu schließen, würde hunderttausende Menschen in
die Erwerbslosigkeit entlassen. Dennoch müssen Menschen mit Behinderung
selbstbestimmt leben und arbeiten können. Auf dem sogenannten “zweiten
Arbeitsmarkt” ist das jedoch kaum möglich. Damit die Ausbeutung von Menschen mit
Behinderung ein Ende hat, müssen auch die Werkstätten der Vergangenheit
angehören!