Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Frühjahr 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Verschiedene Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesmitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 07.04.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Gesundheit statt Profite!
Beschlusstext
Das Gesundheitssystem wurde in den vergangenen Jahrzehnten systematisch
unterfinanziert, sodass nicht nur massenhafte Klinikinsolvenzen in Kauf genommen
wurden, sondern auch durch Privatinvestor*innen, Profite auf Kosten unserer
Gesundheit gemacht werden.
Ambulante oder digitale Behandlungsmethoden treiben das Kliniksterben voran und
werden oft als unvermeidliche Modernisierungsmaßnahmen dargestellt, für uns ist
jedoch klar: über die Behandlungsmethode entscheiden nicht die Kosten, sondern
der Nutzen für die Patient*innen! Ein gutes Gesundheitssystem heißt: Das Wohl
der Menschen als oberste Priorität!
Keine pauschalen Patient*innen
Wie die Neoliberalisierung der Kliniken die Qualität der Gesundheitsversorgung
immer weiter verschlechtert, zeigt sich besonders am Fallpauschalen-System.
Bestimmt werden diese Fallpauschalen, indem für Erkrankungen Kategorien erstellt
werden, die anschließend die Verweildauer der erkrankten Person im Krankenhaus
entscheidet. Aus diesem Grund tendieren Krankenhäuser dazu, Patient*innen
möglichst früh zu entlassen, um den größtmöglichen Gewinn zu erzielen.
Eine Alternative? Gibt es! Das Finanzierungsmodell der Selbstkostendeckung wurde
bis 1992 angewandt und im Zuge einer stetigen Neoliberalisierung und daraus
folgenden Privatisierungen abgeschafft. Bei diesem werden Pflegesätze für
Krankenhäuser nach Personal, Sachmitteln und Krankenhausbetrieb berechnet, nicht
etwa nach erbrachter Leistung.
Wir fordern: Bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung statt Fallpauschalen! Das
bedeutet die Wiedereinführung einer aktualisierten Selbstkostendeckung, die
Outsourcing von Kosten und Unterwanderung von Tarifverträgen verhindert, sowie
eine gute Gesundheitsversorgung für alle ermöglicht.
Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen – jetzt!
Katastrophale Arbeitsbedingungen und massiver Personalmangel: nicht zuletzt die
Pandemie hat gezeigt, dass in NRW laut Ver.di 20.000 Fachkräfte in
Krankenhäusern fehlen. Überstunden, belastungsbedingte Krankheiten und die
Konfrontation mit menschenunwürdigen Verhältnissen lassen Pflegekräfte aus dem
Job ausscheiden und machen ihn unattraktiv für Ausbildungssuchende.
Doch gerade damit die Attraktivität des Berufs wieder steigt, braucht es eine
massive Entlastung der Pflegekräfte im Arbeitsalltag und damit mehr Pflegekräfte
je Patient*in.
Wir fordern: Solidarität statt gesellschaftlichem Druck auf die Pflege: Auch
Pflegende dürfen ohne schlechtes Gewissen streiken! Es braucht mehr Personal,
Entlastung und mehr Lohn jetzt!
Ein Reformversuch wurde 2022 mit dem Tarifvertrag-Entlastung durch die
Beschäftigten von sechs Unikliniken in NRW nach wochenlangen Tarifverhandlungen
erstritten. Dies war der längste Arbeitskampf in der Geschichte des
Gesundheitssystems in NRW. Er legt unter anderem das Verhältnis zwischen
Beschäftigten und Erkrankten auf verschiedenen Stationen fest und sieht freie
Tage als Belastungsausgleich vor. Die Bilanz des Tarifvertrages ist nach einem
Jahr jedoch ernüchternd. Der Vertrag konnte keine signifikanten Veränderungen
bewirken: Personalmangel bleibt weiterhin bestehen und die Bewerkstelligung des
Pflegeaufwands kann nicht, oder nur durch Ausbeutung von Leiharbeiter*innen,
eingehalten werden. Das Problem reicht tiefer, unsere Krankenhäuser wurden
kaputtgespart: Landesweit besteht ein Investitionsbedarf von 34,6 Milliarden
Euro!
Wir fordern: Schluss mit oberflächlichen und zögerlichen Veränderungen. Wir
müssen unser Gesundheitssystem von Grund auf reformieren. Dafür muss das Land
massiv investieren und dafür muss sich NRW auf Bundesebene einsetzen.
Echte Hilfsangebote für alle
Wenn es um das Wohl der Patient*innen geht, bleibt die Situation der Menschen
mit psychischen Erkrankungen jedoch unbeachtet. Das Gesetz über Hilfen und
Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten ermöglicht trotz der Reformen von
2017 weiterhin die drastische Einschränkung der Rechte von Menschen mit
psychischen Erkrankungen, besonders in "geschützten"Psychiatrien, wo
Zwangseinweisungen, -medikationen und Fixierungen traurige Realität sind und
nicht selten in rechtlicher Entmündigung enden. Hier muss auch die besondere
Situation von Menschen mit chronischen Erkrankungen, neurodivergenten Menschen,
behinderten und anders von Diskriminierung betroffenen Menschen besonders
beachtet werden.
Menschen mit psychischen Erkrankungen leiden jedoch nicht nur unter einer
Stigmatisierung innerhalb des Gesundheitssystems. Auch sind Bereiche wie
Psychiatrien und psychotherapeutische Angebote von einer andauernden Verknappung
betroffen. Besonders für queere/LGBTQIA+, migrantisierte und von
Marginalisierung betroffene Menschen stehen auch dort (intersektionale)
Diskriminierung, unwissende Behandelnde oder Angst vor ärztlichen Besuchen an
der Tagesordnung.
Wir fordern: Gesundheitssystem auf Augenhöhe statt Entmündigung! Weg mit der
Diskriminierung! Es braucht einen massiven Ausbau des psychotherapeutischen
Angebots - auf dem Land wie in der Stadt. Her mit echten Hilfsangeboten für alle
Menschen!
Gleiches Recht für alle bei der Gesundheitsversorgung
In ländlichen Regionen werden die fehlende Unterstützung des Staates und das
Kliniksterben besonders deutlich. Dies erfordert dringend entschlossene
Maßnahmen. Die Aufmerksamkeit muss auf die Lage der Bewohner*innen ländlicher
Gemeinden gelenkt werden, die zunehmend mit längeren Anfahrtswegen, u.a. durch
fehlende Bus- und Bahnverbindungen, eingeschränktem Zugang zu Dienstleistungen
und einer schlechten Versorgung konfrontiert sind. Gerade auf dem Land
verschärft der dortige demografische Wandel in Kombination mit der finanziellen
Benachteiligung den Mangel an Gesundheitsdiensten.
Neben der Ungleichheit zwischen Stadt und Land können sich nicht mehr alle
Menschen die Versorgung leisten und immer mehr ärztliches Fachpersonal zieht
Privatversicherte vor. Es braucht einheitliche Regelung und keine Zwei-Klassen-
Gesellschaft in der medizinischen Versorgung!
Wir fordern: Ob auf dem Land oder mit schmalem Geldbeutel- gute
Gesundheitsversorgung für alle überall!