Antrag: | Grenzenlos Lernen |
---|---|
Antragsteller*in: | Julius Wollsching-Strobel |
Status: | Angenommen |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 23.03.2019, 15:52 |
B1-476: Grenzenlos Lernen
Antragstext
Von Zeile 1267 bis 1269:
dazu, als Mathematik und Deutsch! Wir wollen, dass Schüler*innen auch unabhängig von Abschlüssen die Chance haben das zu werden, wasPerspektiven haben, damit sie wollennicht komplett von der Gesellschaft abgehängt werden! Dafür muss die Attraktivität von Ausbildungsberufen deutlich gestärkt und besonders in den
Wir wollen das Bildungssystem revolutionieren! Dafür müssen wir uns frei machen
von den bisherigen schulpolitischen und -organsatorischen Gegebenheiten. Schule,
so wie wir sie bislang alle kennen und durchlaufen, hat nichts mehr damit zutun,
was wir heute brauchen. Wir leben in einer zunehmend schneller werdenden Welt.
Viele Berufe, die in den kommenden Jahren erschaffen werden, können wir heute
noch gar nicht erahnen. Und solange eine Aufgabe der Schüler*innen ist, den
Lehrer*innen die Tafel zu putzen und Kreide zu holen, wird die Digitalisierung
vor die Wand gefahren.
Wir leben in einer Zeit, in der junge Menschen für globale Klimagerechtigkeit
auf die Straße gehen, weil sie Angst um ihre Zukunft haben. Wir leben in einer
Zeit eines massiven Rechtsrucks, der auch in der Europäischen Union droht.
Während dieser Zeit sitzen junge Menschen in der Schule und berechnen die
Wahrscheinlichkeit dafür, den Lottogewinn zu knacken oder diskutieren darüber,
welche Bedeutung nun das Symbol "Taube" hat: Frieden oder Hoffnung?
Statt sich mit der Lebenswirklichkeit zu beschäftigen und Menschen darin zu
befähigen zu selbstständigen, kreativen und gesellschaftskritischen Menschen
heranzuwachsen, lehrt die Institution Schule heute immernoch wie vor 50 Jahren.
Wir fordern gute Bildung für alle.
Wir wollen ein inklusives System, in dem nicht mehr die Frage gestellt werden
muss, ob die richtigen Gelingensbedingungen vorhanden sind, sondern der Lernort
so ausgerichtet ist, dass jeder Mensch dort willkommen ist. Inklusion bedeutet
für uns nicht nur, dass Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen zusammen lernen
und aufwachsen, sondern viel mehr. "Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf
seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf
schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung" so schreibt es das
Schulgesetz NRW vor, jedoch finden wir, dass da noch einiges zutun ist.
Ein inklusives System ist geprägt von der Toleranz gegenüber unterschiedlichen
Religionen und stärkt Antirassismus. Dazu gehört nicht nur die eigene Religion
zu kennen und gegebenenfalls kritisch beleuchten zu können, sondern vorallem
auch andere Religionen kennenzulernen. Dies darf nicht, wie bislang geschehen,
durch die Trennung von katholischem und evangelischem Religionsunterricht und
als Alternative dazu Ethik passieren. Wir fordern die Abschaffung der Trennung
und wollen ein Fach, welches sich mit den unterschiedlichsten Weltreligionen
beschäftigt, Rassismus thematisiert und so Vorurteilen und Diskriminierung
vorgreift. Schule kann aber noch viel mehr gegen Rassismus, Ausgrenzung und
Diskriminierung tun als bisher! Nicht nur verschiedene Religionen, auch neue
Kulturen und Sprachen kennenzulernen hilft Rassismus vorzubeugen. Um so auch
einen engeren Bund zwischen den Generationen herzustellen, sollten Kinder die
Möglichkeit haben an Schulen kostenlos die Muttersprache(n) ihrer Eltern zu
lernen. Bisher ist dies nur sporadisch in Städten an z.B. polnischen Schulen
möglich, wir fordern ein breiteres Angebot und mehr Förderung für Sprachschulen.
Ein inklusives Schulsystem ist geschlechtergerecht. Auch wenn Mädchen und junge
Frauen in Deutschland bezogen auf den Zugang zu Bildung gleichberechtigt sind,
zeigt die Realität, dass geschlechtliche Rollenvorurteile die Lern- und
Leistungsbereitschaft von Schüler*innen maßgeblich prägen. Ein
geschlechtergerechtes Schulsystem setzt sich zum Ziel Schüler*innen unabhängig
von ihrem Geschlecht in ihren Fähigkeiten zu bestärken und diese zu fördern.
Geschlechtergerechtigkeit muss daher einen zentralen Platz in der Erstellung von
Lehrmaterialien und in der Ausbildung von Lehrkräften einnehmen, damit ein
stereotypenfreies Unterrichten gewährleistet werden kann.
Geschlechtergerechtigkeit wird auch durch eine gendergerechte Sprache
begünstigt. Schulen sollten neben den gleichberechtigungsbeauftragten
Lehrkräften auch solche aus der Schülerschaft wählen, die gemeinsam daran
arbeiten, dass ihre Schule gerechter wird.
Auch muss die Vemittlung von Heteronormativität von den Lehrplänen verschwinden.
Schule soll als Lern- und Erfahrungsort für verschiedene (Zusammen-
)Lebensmodelle dienen und nicht von vornherein Grenzen in der eigenen
Entwicklung aufzeigen. Schule muss ein Ort sein, wo Diversität in
unterschiedlichen Lebensformen zugelassen und Diskriminierung aufgrund sexueller
Orientierungen verhindert wird. Die Zeiten, in denen sich LGBTQI*-Menschen nicht
mehr sicher in der Schule fühlen und Mobbing ausgesetzt sind, müssen endlich
vorbei sein. Wir fordern, dass die Schüler*innenvertretungen in NRW gestärkt
werden und darin unterstützt werden für Diversität einzustehen, außerdem wollen
wir, dass nicht nur von Familie gesprochen wird, wenn Mutter und Vater vorhanden
sind, sondern wollen Aufklärung über die vielfältigen Lebensmodelle.
Die schulische Laufbahn und der Abschluss dürfen nicht mehr länger abhängig vom
Geldbeutel der Eltern oder des sozialen Umfeldes sein, aus denen ein Kind kommt.
Wir wollen die sozio-ökonomische Chancengerechtigkeit erweitern, indem wir das
sechsgliedrige Schulsystem in NRW abschaffen. Gymnasium, Gesamtschule,
Sekundarschule, Realschule, Hauptschule und Förderschule sind parallel laufende
Systeme, in denen Menschen aufwachsen, die nach dieser Zeit auf jeden Fall
miteinander leben. Während auf dem Gymnasium die Schüler*innen aufgrund des
Leistungsdrucks und zunehmender Belastungen an ihre Grenzen stoßen, werden nicht
selten auf den Förderschulen die Schüler*innen auf der Reservebank sitzen
gelassen. Wir wollen ein Schulsystem, indem sowohl Schutzräume für Menschen mit
besonderen Bedürfnissen vorhanden sind, als auch Spielraum geschaffen wird,
indem ein Abitur schneller als üblich erlangt wird.
Und zu einem inklusiven Schulsystem gehört es auch, dass Kinder mit und ohne
Beeinträchtigung zusammen lernen. Aber eben nicht nur das: Wir wollen, dass
Kinder und junge Menschen Vielfalt und Diversität als Chance ansehen. Dafür muss
sich das Schulsystem für Kinder mit Beeinträchtigungen ändern und nicht die
Kinder. Wir fordern echte Chancengerechtigkeit von der 1. Klasse bis hin zum
Abitur und darüber hinaus. In Nordrhein-Westfalen wurden im Schuljahr 2016/17
rund 7.6 % der Schüler*innen mit ausgewiesenem Förderbedarf inklusiv beschult.
Insgesamt gibt es sieben unterschiedliche Förderschwerpunkte, von denen vorallem
die Förderschwerpunkte emotionale und soziale Entwicklung, Lernen und Sprache in
den Schulen mit Gemeinsamen Lernen vorhanden sind. Für alle weiteren
Förderschwerpunkte gibt es bislang in NRW Förderschulen. Schüler*innen wird mit
dem sogenannten AO-SF ein Stempel aufgedrückt, in denen sie besonders
förderungsbedürftig erscheinen. Wir finden eine solche Klassifizierung überholt
und fordern die Abschaffung der Feststellung von sonderpädagogischem
Förderbedarf, denn letztlich muss jedes Kind bestmöglich gefördert werden. Dafür
braucht es einen guten Personalschlüssel, damit jedes Kind im eigenen Lerntempo
arbeiten und bestmöglich gefördert werden kann. Dafür braucht es qualifizierte
Sonderpädagog*innen, die die Lehrkräfte für den Unterricht beraten und
Schüler*innen in ihren Stärken ermutigen, sie fordern und fördern. Eine
inklusive Schule sollte so ausgestattet sein, dass heilpädagogische und
therapeutische Angebote an jeder Schule angemessen vorhanden sind und alle
Menschen davon Gebrauch machen können.
Damit es gute Lehrkräfte an unseren Schulen gibt, sollte das Studium für
Lehrkräfte für sonderpädagogische Förderung von vorneherein inklusiv angelegt
sein. Dadurch erlangen Lehrer*innen von Beginn an die Expertise für ein
inklusives System. Bislang ist es für viele Sonderpädagog*innen schwer sich in
dieses System reinzudenken und in diesem zu Handeln, weil die Handlungskompetenz
und Modelle fehlen.
Das Denken und Handeln von Akteur*innen muss sich ändern, damit wir eine
angemessene Bildung bekommen und nicht mehr fern ab der Realität lernen.
Mit dem Leben lernen.
Wie oft bekommenSchüler*innen auf die Frage "Wieso machen wir das überhaupt?"
entweder keine Antwort oder die Reaktion, dass es im Kernlehrplan steht. Wenn
uns Lehrer*innen diese Frage nicht beantworten können und wir selbst keinen
wirklichen Lebensrealitätsbezug herstellen können, dann muss die Frage gestellt
werden "Warum gehen wir überhaupt zur Schule?". Fridays for Future trifft genau
hier den wundesten Punkt der Gesellschaft. Wir solidarisieren und mit der
Bewegung, weil die Aufgabe von Schule nicht die Wissensvermittlung fern der
Realität ist sondern die Persönlichkeit von Kindern zu stärken und Verantwortung
für die Gesellschaft, Umwelt und Tier zu übernehmen. Wir lernen in der Schule
über Helden wie Rosa Luxemburg, die Geschwister Scholl und Martin Luther King
aber wenn es darum geht unsere eigenen Helden zu sein und für unsere Zukunft auf
die Straße zu gehen, würden uns Christian Lindner und viele andere Politiker am
Liebsten einen Riegel vorschieben. Das lassen wir nicht zu und fordern für
Schulen mehr Freiraum. Wir wollen, dass Schulen nicht dem Kernlehrplan
hinterherhetzen müssen um Richtlinien zu erfüllen. Wir fordern eine
Entschlackung des Kernlehrplans, damit Lehrer*innen genügend Zeit haben um
tagesaktuelle, politische, gesellschaftliche Themen, die die Schüler*innen
interessiert zu thematisieren. Dazu gehört auch ein veränderte Lernatmosphäre:
Frontalunterricht gab es lange genug an den Schulen. Wir wollen ein langes
gemeinsames Lernen, was auch durch Volkshochschulen und andere außerschulische
Bildungs- und Kultureinrichtungen begleitet und gestaltet wird. Dafür müssen
diese Einrichtungen besser subventioniert werden und Sprachkurse aber auch
Gebärdenkurse breiter und günstiger angeboten werden- im Sinne einer inklusiven
Bildung. Letztlich geht es darum Schüler*innen möglichst viele Kompetenzen zu
vermitteln, damit sie in der Gesellschaft nicht nur zurechtfinden, sondern sich
die Welt aneignen können. Wir fordern mehr ganzheitliches Lernen- das bedeutet:
Mehr Kreativität & Lernen mit allen Sinnen. Bislang gibt es Sport-, Musik- und
Kunstunterricht nur isoliert voneinander und das sind dann meistens auch die
Unterrichtsfächer, die in einem Halbjahr aufgrund von Lehrkräftemangel nicht
stattfinden. Wir fordern, dass auch eine Kombination dieser möglich sein darf
und die Einführung des Lernbereiches Ästhetische Erziehung. Nicht als "entweder
oder" sondern als "und" zu den kreativen Fächern! Schluss mit dem Reingepresse
von Lerninhalten nur um die nächste Klassenarbeit zu überstehen!
Wir fordern deshalb, dass endlich der Leistungsdruck in Schulen heruntergefahren
wird und Noten abgeschafft werden.
Übergang statt Untergang.
In der Schule sollten wir wichtige Kernkompetenzen für das Leben und die Arbeit
lernen, wie Teamwork, Rhetorik oder Problemlösestrategien. Auf unserem Zeugnis
steht am Ende aber nur Mathe 1 und Englisch 3. Notenziffern sagen unserer
Ausbildungsstätte oder unserem Chef aber nichts darüber, wie wir als Menschen
sind. Unsere Noten sind letztlich ein Zeugnis dafür, ob wir dem System Schule
gewachsen waren oder nicht. Und auch immernoch gibt es zu viele Schüler*innen,
die die Schule aus den verschiedensten Gründen abbrechen. Zum Leben gehört mehr
dazu, als Mathematik und Deutsch! Wir wollen, dass Schüler*innen auch unabhängig
von Abschlüssen die Chance haben das zu werden, wasPerspektiven haben, damit sie wollennicht komplett von der Gesellschaft abgehängt werden! Dafür muss die
Attraktivität von Ausbildungsberufen deutlich gestärkt und besonders in den
sozialen Berufen viel besser vergütet werden! Und Schulen sollten Schüler*innen
darin unterstützen, den Bewerbungsmarathon zu bewältigen und auf Assessment
Center und andere Auswahlverfahren zu bestehen. Dort sind Zeugnisnoten dann
nicht selten weniger wichtig. Im Gegensatz dazu an den Hochschulen und
Universitäten, die ihre Bewerber*innen lediglich anhand des Zeugnis-
Durchschnitts auswählen und vorher nicht kennen lernen. Wer sich beispielsweise
enorm für die Anatomie des Menschen begeistert und sich damit viel beschäftigt,
dafür aber in der Schule weniger gut klar kommt und am Ende kein Einer- Abi hat,
der wird niemals Medizin studieren können! Wir fordern einen prozentualen Anteil
von Bewerber*innen, die sich beispielsweise durch ein Motivationsschreiben und
Ähnliches bewerben können. Dadurch würde nicht nur die Diversität in den
Studiengängen erhöht werden, sondern auch Chancengerechtigkeit geschaffen
werden, um das zu studieren und zu werden, was mensch will.
Schule als Lebensraum statt Lernbunker.
Nicht zuletzt braucht es die richtige Lernumgebung. Die bisherige
Schulausstattung, ob Grundschule oder weiterführende Schule sieht in der Regel
so aus: ein Klassenraum, ein Tafel, ein Lehrerpult, Schränke entlang der Wände
und dazwischen gequetscht Tische und Stühle für uns. Auch wenn mit dem Paket
"Gute Schule 2020" vieles verändert werden sollte, vorallem Richtung
Digitalisierung, tut sich sehr wenig. Wir wollen Schulen, in denen Klassen nicht
nur Raumnachbarin sind. Wir fordern Raumstrukturen, die es ermöglichen klassen-
und jahrgangsübergreifend zu Lernen. Aber Schule ist heute mehr als der Ort, an
dem wir lernen. Wir verbringen die meiste Zeit unserer Jugend an diesem Ort.
Deshalb muss Schule ein Begegnungsort werden, der nicht isoliert vom Umfeld und
der Quartiersarbeit drumherum besteht. Wir wollen die Einbindung von Sport-,
Freizeit-, Kultur- und Jugendangeboten in der Schule. Oder auch andersherum:
Eine Schule innerhalb eines zentralen Begegnungsortes des Quartiers oder
Viertels. Somit wäre lebenslanges Lernen nicht nur möglich, sondern auch ohne
logistische Aufwände machbar, wenn die Kita und auch die Begegnungsstätte für
Senior*innen vor Ort sind.
Schule ist eben ein Lebensraum. Deshalb sind auch die baulichen Aspekte nicht zu
vernachlässigen. Wir fordern einen nachhaligen Schulbau bei zukünftigen
Neubauten, die sich mindestens in Teilen mittels erneuerbarer Energien selbst
versorgen, die Biologie nicht im Labor verbringen, sondern im Schulgarten und
auf dem Schulacker in der Natur erlebt wird!
Und wir fordern das Ende der Kreidezeit! Das ist nicht nur wünschenswert,
sondern einfach überfällig! Immernoch gibt es an Schulen Handyverbote- an
manchen Schulen dürfen wir unsere Handys noch nicht einmal mit zur Schule
bringen. Und während die Schulcomputer eine Schulstunde zum Hochfahren brauchen,
stehen die Lehrer*innen dann doch wieder an der Tafel und schreiben die
technischen Verfahren theoretisch an die Tafel. Wir fordern eine gute digitale
Ausrüstung für alle Schulen. Dazu gehören SmartBoards, Tablets und Handys. Aber
auch hinsichtlich der Kommnikation gibt es diverse digitale Geräte, die den
Schulalltag immens erleichtern würden. Ein datensicheres System, welches sowohl
Schüler*innen als auch Lehrer*innen gemeinsam nutzen, könnte desweiteren die
Organisation und Arbeitsweise erleichtern und erweitern.
Lasst es uns anpacken. Lernen. Grenzenlos. Wir leben in Zeiten, in denen
Schüler*innen jeden Freitag die "Schule schwänzen" um für Klimagerechtigkeit
einzustehen. Unsere Generation spürt die Ungerechtigkeit und die Klimakrise. Und
wir werden nicht ohnmächtig, sondern üben solange Systemkritik, bis sich etwas
tut. Denn wie wir die Welt retten, haben wir bisher in der Schule nicht gelernt!
Von Zeile 1267 bis 1269:
dazu, als Mathematik und Deutsch! Wir wollen, dass Schüler*innen auch unabhängig von Abschlüssen die Chance haben das zu werden, wasPerspektiven haben, damit sie wollennicht komplett von der Gesellschaft abgehängt werden! Dafür muss die Attraktivität von Ausbildungsberufen deutlich gestärkt und besonders in den
Wir wollen das Bildungssystem revolutionieren! Dafür müssen wir uns frei machen
von den bisherigen schulpolitischen und -organsatorischen Gegebenheiten. Schule,
so wie wir sie bislang alle kennen und durchlaufen, hat nichts mehr damit zutun,
was wir heute brauchen. Wir leben in einer zunehmend schneller werdenden Welt.
Viele Berufe, die in den kommenden Jahren erschaffen werden, können wir heute
noch gar nicht erahnen. Und solange eine Aufgabe der Schüler*innen ist, den
Lehrer*innen die Tafel zu putzen und Kreide zu holen, wird die Digitalisierung
vor die Wand gefahren.
Wir leben in einer Zeit, in der junge Menschen für globale Klimagerechtigkeit
auf die Straße gehen, weil sie Angst um ihre Zukunft haben. Wir leben in einer
Zeit eines massiven Rechtsrucks, der auch in der Europäischen Union droht.
Während dieser Zeit sitzen junge Menschen in der Schule und berechnen die
Wahrscheinlichkeit dafür, den Lottogewinn zu knacken oder diskutieren darüber,
welche Bedeutung nun das Symbol "Taube" hat: Frieden oder Hoffnung?
Statt sich mit der Lebenswirklichkeit zu beschäftigen und Menschen darin zu
befähigen zu selbstständigen, kreativen und gesellschaftskritischen Menschen
heranzuwachsen, lehrt die Institution Schule heute immernoch wie vor 50 Jahren.
Wir fordern gute Bildung für alle.
Wir wollen ein inklusives System, in dem nicht mehr die Frage gestellt werden
muss, ob die richtigen Gelingensbedingungen vorhanden sind, sondern der Lernort
so ausgerichtet ist, dass jeder Mensch dort willkommen ist. Inklusion bedeutet
für uns nicht nur, dass Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen zusammen lernen
und aufwachsen, sondern viel mehr. "Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf
seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf
schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung" so schreibt es das
Schulgesetz NRW vor, jedoch finden wir, dass da noch einiges zutun ist.
Ein inklusives System ist geprägt von der Toleranz gegenüber unterschiedlichen
Religionen und stärkt Antirassismus. Dazu gehört nicht nur die eigene Religion
zu kennen und gegebenenfalls kritisch beleuchten zu können, sondern vorallem
auch andere Religionen kennenzulernen. Dies darf nicht, wie bislang geschehen,
durch die Trennung von katholischem und evangelischem Religionsunterricht und
als Alternative dazu Ethik passieren. Wir fordern die Abschaffung der Trennung
und wollen ein Fach, welches sich mit den unterschiedlichsten Weltreligionen
beschäftigt, Rassismus thematisiert und so Vorurteilen und Diskriminierung
vorgreift. Schule kann aber noch viel mehr gegen Rassismus, Ausgrenzung und
Diskriminierung tun als bisher! Nicht nur verschiedene Religionen, auch neue
Kulturen und Sprachen kennenzulernen hilft Rassismus vorzubeugen. Um so auch
einen engeren Bund zwischen den Generationen herzustellen, sollten Kinder die
Möglichkeit haben an Schulen kostenlos die Muttersprache(n) ihrer Eltern zu
lernen. Bisher ist dies nur sporadisch in Städten an z.B. polnischen Schulen
möglich, wir fordern ein breiteres Angebot und mehr Förderung für Sprachschulen.
Ein inklusives Schulsystem ist geschlechtergerecht. Auch wenn Mädchen und junge
Frauen in Deutschland bezogen auf den Zugang zu Bildung gleichberechtigt sind,
zeigt die Realität, dass geschlechtliche Rollenvorurteile die Lern- und
Leistungsbereitschaft von Schüler*innen maßgeblich prägen. Ein
geschlechtergerechtes Schulsystem setzt sich zum Ziel Schüler*innen unabhängig
von ihrem Geschlecht in ihren Fähigkeiten zu bestärken und diese zu fördern.
Geschlechtergerechtigkeit muss daher einen zentralen Platz in der Erstellung von
Lehrmaterialien und in der Ausbildung von Lehrkräften einnehmen, damit ein
stereotypenfreies Unterrichten gewährleistet werden kann.
Geschlechtergerechtigkeit wird auch durch eine gendergerechte Sprache
begünstigt. Schulen sollten neben den gleichberechtigungsbeauftragten
Lehrkräften auch solche aus der Schülerschaft wählen, die gemeinsam daran
arbeiten, dass ihre Schule gerechter wird.
Auch muss die Vemittlung von Heteronormativität von den Lehrplänen verschwinden.
Schule soll als Lern- und Erfahrungsort für verschiedene (Zusammen-
)Lebensmodelle dienen und nicht von vornherein Grenzen in der eigenen
Entwicklung aufzeigen. Schule muss ein Ort sein, wo Diversität in
unterschiedlichen Lebensformen zugelassen und Diskriminierung aufgrund sexueller
Orientierungen verhindert wird. Die Zeiten, in denen sich LGBTQI*-Menschen nicht
mehr sicher in der Schule fühlen und Mobbing ausgesetzt sind, müssen endlich
vorbei sein. Wir fordern, dass die Schüler*innenvertretungen in NRW gestärkt
werden und darin unterstützt werden für Diversität einzustehen, außerdem wollen
wir, dass nicht nur von Familie gesprochen wird, wenn Mutter und Vater vorhanden
sind, sondern wollen Aufklärung über die vielfältigen Lebensmodelle.
Die schulische Laufbahn und der Abschluss dürfen nicht mehr länger abhängig vom
Geldbeutel der Eltern oder des sozialen Umfeldes sein, aus denen ein Kind kommt.
Wir wollen die sozio-ökonomische Chancengerechtigkeit erweitern, indem wir das
sechsgliedrige Schulsystem in NRW abschaffen. Gymnasium, Gesamtschule,
Sekundarschule, Realschule, Hauptschule und Förderschule sind parallel laufende
Systeme, in denen Menschen aufwachsen, die nach dieser Zeit auf jeden Fall
miteinander leben. Während auf dem Gymnasium die Schüler*innen aufgrund des
Leistungsdrucks und zunehmender Belastungen an ihre Grenzen stoßen, werden nicht
selten auf den Förderschulen die Schüler*innen auf der Reservebank sitzen
gelassen. Wir wollen ein Schulsystem, indem sowohl Schutzräume für Menschen mit
besonderen Bedürfnissen vorhanden sind, als auch Spielraum geschaffen wird,
indem ein Abitur schneller als üblich erlangt wird.
Und zu einem inklusiven Schulsystem gehört es auch, dass Kinder mit und ohne
Beeinträchtigung zusammen lernen. Aber eben nicht nur das: Wir wollen, dass
Kinder und junge Menschen Vielfalt und Diversität als Chance ansehen. Dafür muss
sich das Schulsystem für Kinder mit Beeinträchtigungen ändern und nicht die
Kinder. Wir fordern echte Chancengerechtigkeit von der 1. Klasse bis hin zum
Abitur und darüber hinaus. In Nordrhein-Westfalen wurden im Schuljahr 2016/17
rund 7.6 % der Schüler*innen mit ausgewiesenem Förderbedarf inklusiv beschult.
Insgesamt gibt es sieben unterschiedliche Förderschwerpunkte, von denen vorallem
die Förderschwerpunkte emotionale und soziale Entwicklung, Lernen und Sprache in
den Schulen mit Gemeinsamen Lernen vorhanden sind. Für alle weiteren
Förderschwerpunkte gibt es bislang in NRW Förderschulen. Schüler*innen wird mit
dem sogenannten AO-SF ein Stempel aufgedrückt, in denen sie besonders
förderungsbedürftig erscheinen. Wir finden eine solche Klassifizierung überholt
und fordern die Abschaffung der Feststellung von sonderpädagogischem
Förderbedarf, denn letztlich muss jedes Kind bestmöglich gefördert werden. Dafür
braucht es einen guten Personalschlüssel, damit jedes Kind im eigenen Lerntempo
arbeiten und bestmöglich gefördert werden kann. Dafür braucht es qualifizierte
Sonderpädagog*innen, die die Lehrkräfte für den Unterricht beraten und
Schüler*innen in ihren Stärken ermutigen, sie fordern und fördern. Eine
inklusive Schule sollte so ausgestattet sein, dass heilpädagogische und
therapeutische Angebote an jeder Schule angemessen vorhanden sind und alle
Menschen davon Gebrauch machen können.
Damit es gute Lehrkräfte an unseren Schulen gibt, sollte das Studium für
Lehrkräfte für sonderpädagogische Förderung von vorneherein inklusiv angelegt
sein. Dadurch erlangen Lehrer*innen von Beginn an die Expertise für ein
inklusives System. Bislang ist es für viele Sonderpädagog*innen schwer sich in
dieses System reinzudenken und in diesem zu Handeln, weil die Handlungskompetenz
und Modelle fehlen.
Das Denken und Handeln von Akteur*innen muss sich ändern, damit wir eine
angemessene Bildung bekommen und nicht mehr fern ab der Realität lernen.
Mit dem Leben lernen.
Wie oft bekommenSchüler*innen auf die Frage "Wieso machen wir das überhaupt?"
entweder keine Antwort oder die Reaktion, dass es im Kernlehrplan steht. Wenn
uns Lehrer*innen diese Frage nicht beantworten können und wir selbst keinen
wirklichen Lebensrealitätsbezug herstellen können, dann muss die Frage gestellt
werden "Warum gehen wir überhaupt zur Schule?". Fridays for Future trifft genau
hier den wundesten Punkt der Gesellschaft. Wir solidarisieren und mit der
Bewegung, weil die Aufgabe von Schule nicht die Wissensvermittlung fern der
Realität ist sondern die Persönlichkeit von Kindern zu stärken und Verantwortung
für die Gesellschaft, Umwelt und Tier zu übernehmen. Wir lernen in der Schule
über Helden wie Rosa Luxemburg, die Geschwister Scholl und Martin Luther King
aber wenn es darum geht unsere eigenen Helden zu sein und für unsere Zukunft auf
die Straße zu gehen, würden uns Christian Lindner und viele andere Politiker am
Liebsten einen Riegel vorschieben. Das lassen wir nicht zu und fordern für
Schulen mehr Freiraum. Wir wollen, dass Schulen nicht dem Kernlehrplan
hinterherhetzen müssen um Richtlinien zu erfüllen. Wir fordern eine
Entschlackung des Kernlehrplans, damit Lehrer*innen genügend Zeit haben um
tagesaktuelle, politische, gesellschaftliche Themen, die die Schüler*innen
interessiert zu thematisieren. Dazu gehört auch ein veränderte Lernatmosphäre:
Frontalunterricht gab es lange genug an den Schulen. Wir wollen ein langes
gemeinsames Lernen, was auch durch Volkshochschulen und andere außerschulische
Bildungs- und Kultureinrichtungen begleitet und gestaltet wird. Dafür müssen
diese Einrichtungen besser subventioniert werden und Sprachkurse aber auch
Gebärdenkurse breiter und günstiger angeboten werden- im Sinne einer inklusiven
Bildung. Letztlich geht es darum Schüler*innen möglichst viele Kompetenzen zu
vermitteln, damit sie in der Gesellschaft nicht nur zurechtfinden, sondern sich
die Welt aneignen können. Wir fordern mehr ganzheitliches Lernen- das bedeutet:
Mehr Kreativität & Lernen mit allen Sinnen. Bislang gibt es Sport-, Musik- und
Kunstunterricht nur isoliert voneinander und das sind dann meistens auch die
Unterrichtsfächer, die in einem Halbjahr aufgrund von Lehrkräftemangel nicht
stattfinden. Wir fordern, dass auch eine Kombination dieser möglich sein darf
und die Einführung des Lernbereiches Ästhetische Erziehung. Nicht als "entweder
oder" sondern als "und" zu den kreativen Fächern! Schluss mit dem Reingepresse
von Lerninhalten nur um die nächste Klassenarbeit zu überstehen!
Wir fordern deshalb, dass endlich der Leistungsdruck in Schulen heruntergefahren
wird und Noten abgeschafft werden.
Übergang statt Untergang.
In der Schule sollten wir wichtige Kernkompetenzen für das Leben und die Arbeit
lernen, wie Teamwork, Rhetorik oder Problemlösestrategien. Auf unserem Zeugnis
steht am Ende aber nur Mathe 1 und Englisch 3. Notenziffern sagen unserer
Ausbildungsstätte oder unserem Chef aber nichts darüber, wie wir als Menschen
sind. Unsere Noten sind letztlich ein Zeugnis dafür, ob wir dem System Schule
gewachsen waren oder nicht. Und auch immernoch gibt es zu viele Schüler*innen,
die die Schule aus den verschiedensten Gründen abbrechen. Zum Leben gehört mehr
dazu, als Mathematik und Deutsch! Wir wollen, dass Schüler*innen auch unabhängig
von Abschlüssen die Chance haben das zu werden, wasPerspektiven haben, damit sie wollennicht komplett von der Gesellschaft abgehängt werden! Dafür muss die
Attraktivität von Ausbildungsberufen deutlich gestärkt und besonders in den
sozialen Berufen viel besser vergütet werden! Und Schulen sollten Schüler*innen
darin unterstützen, den Bewerbungsmarathon zu bewältigen und auf Assessment
Center und andere Auswahlverfahren zu bestehen. Dort sind Zeugnisnoten dann
nicht selten weniger wichtig. Im Gegensatz dazu an den Hochschulen und
Universitäten, die ihre Bewerber*innen lediglich anhand des Zeugnis-
Durchschnitts auswählen und vorher nicht kennen lernen. Wer sich beispielsweise
enorm für die Anatomie des Menschen begeistert und sich damit viel beschäftigt,
dafür aber in der Schule weniger gut klar kommt und am Ende kein Einer- Abi hat,
der wird niemals Medizin studieren können! Wir fordern einen prozentualen Anteil
von Bewerber*innen, die sich beispielsweise durch ein Motivationsschreiben und
Ähnliches bewerben können. Dadurch würde nicht nur die Diversität in den
Studiengängen erhöht werden, sondern auch Chancengerechtigkeit geschaffen
werden, um das zu studieren und zu werden, was mensch will.
Schule als Lebensraum statt Lernbunker.
Nicht zuletzt braucht es die richtige Lernumgebung. Die bisherige
Schulausstattung, ob Grundschule oder weiterführende Schule sieht in der Regel
so aus: ein Klassenraum, ein Tafel, ein Lehrerpult, Schränke entlang der Wände
und dazwischen gequetscht Tische und Stühle für uns. Auch wenn mit dem Paket
"Gute Schule 2020" vieles verändert werden sollte, vorallem Richtung
Digitalisierung, tut sich sehr wenig. Wir wollen Schulen, in denen Klassen nicht
nur Raumnachbarin sind. Wir fordern Raumstrukturen, die es ermöglichen klassen-
und jahrgangsübergreifend zu Lernen. Aber Schule ist heute mehr als der Ort, an
dem wir lernen. Wir verbringen die meiste Zeit unserer Jugend an diesem Ort.
Deshalb muss Schule ein Begegnungsort werden, der nicht isoliert vom Umfeld und
der Quartiersarbeit drumherum besteht. Wir wollen die Einbindung von Sport-,
Freizeit-, Kultur- und Jugendangeboten in der Schule. Oder auch andersherum:
Eine Schule innerhalb eines zentralen Begegnungsortes des Quartiers oder
Viertels. Somit wäre lebenslanges Lernen nicht nur möglich, sondern auch ohne
logistische Aufwände machbar, wenn die Kita und auch die Begegnungsstätte für
Senior*innen vor Ort sind.
Schule ist eben ein Lebensraum. Deshalb sind auch die baulichen Aspekte nicht zu
vernachlässigen. Wir fordern einen nachhaligen Schulbau bei zukünftigen
Neubauten, die sich mindestens in Teilen mittels erneuerbarer Energien selbst
versorgen, die Biologie nicht im Labor verbringen, sondern im Schulgarten und
auf dem Schulacker in der Natur erlebt wird!
Und wir fordern das Ende der Kreidezeit! Das ist nicht nur wünschenswert,
sondern einfach überfällig! Immernoch gibt es an Schulen Handyverbote- an
manchen Schulen dürfen wir unsere Handys noch nicht einmal mit zur Schule
bringen. Und während die Schulcomputer eine Schulstunde zum Hochfahren brauchen,
stehen die Lehrer*innen dann doch wieder an der Tafel und schreiben die
technischen Verfahren theoretisch an die Tafel. Wir fordern eine gute digitale
Ausrüstung für alle Schulen. Dazu gehören SmartBoards, Tablets und Handys. Aber
auch hinsichtlich der Kommnikation gibt es diverse digitale Geräte, die den
Schulalltag immens erleichtern würden. Ein datensicheres System, welches sowohl
Schüler*innen als auch Lehrer*innen gemeinsam nutzen, könnte desweiteren die
Organisation und Arbeitsweise erleichtern und erweitern.
Lasst es uns anpacken. Lernen. Grenzenlos. Wir leben in Zeiten, in denen
Schüler*innen jeden Freitag die "Schule schwänzen" um für Klimagerechtigkeit
einzustehen. Unsere Generation spürt die Ungerechtigkeit und die Klimakrise. Und
wir werden nicht ohnmächtig, sondern üben solange Systemkritik, bis sich etwas
tut. Denn wie wir die Welt retten, haben wir bisher in der Schule nicht gelernt!
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