Veranstaltung: | Herbst-Landesmitgliederversammlung 2018 der GRÜNEN JUGEND NRW |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 2 Inhaltlicher Schwerpunkt |
Antragsteller*in: | Mitgliederversammlung (dort beschlossen am: 04.11.2018) |
Status: | Angenommen |
Beschlossen am: | 04.11.2018 |
Eingereicht: | 22.11.2018, 18:16 |
Antragshistorie: | Version 1 |
P1-Beschluss: Selbstbestimmte Arbeit
Antragstext
Die Digitalisierung und Automatisierung hat bereits Einfluss auf die Arbeitswelt
genommen.Ein Prozess der sich in Zukunft nur fortsetzen wird.Neue Technologien
verändern die Art und Weise wie wir arbeiten.Die Politik muss nach JAhren des
Stillstandes endlich auf diese Veränderung reagieren. es gilt Chancen und
Risiken dieser Entwicklung aufzuzeigen und politisch zu gestalten. Damit
Kapitalistische Zwänge und mangelndes Wissen sowie Innovationsfurcht Unternehmen
nicht dazu bringen, neue Technologien gar nicht oder zum Nachteil von
Arbeitnehmer*innen zu entwickeln und zu verwenden. Denn für uns ist die
neoliberale Haltung "Digitalisierung first, bedenken second" kein nachhaltiges
Leitbild in der Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitspolitik..
Mit der Digitalisierung wird oft auch eine neue Arbeitskultur der
Flexibilisierung verbunden. Einige Unternehmen leben bereits eine freundlichere
Arbeitswelt, freundlicher Umgang, das Du, ein Teamgefühl und Spaß am Kicker eine
wichtige Rolle spielen. Damit soll die persönliche Bindung am Unternehmen sowie
die Zufriedenheit gesteigert werden. Mit dieser Flexibilisierung gehen jedoch
für Arbeitnehmer*innen oft unbewusst eine stärkere Vermischung von Arbeit und
Freizeit einher. Im Gegenzug wird ständige Rufbereitschaft erwartet. Flexible
Arbeitszeiten und Arbeitsplätze bedeuten, dass auch mal Nachts von zu Hause aus
gearbeitet werden muss.
Die Antwort auf diesen Trend kann nur die Stärkung der Arbeitnehmer*innenrechte
sein. Es braucht eine strikte und klare Trennung von Arbeit und Freizeit. Damit
Arbeit für das Leben da ist und nicht andersrum, ist die Einführung diverser
Regeln notwendig - unabhängig der Unternehmensgröße.
Tod dem Normalarbeitsverhältnis! Es lebe das neue Normalarbeitsverhältnis!
Die Grüne Jugend NRW ist ein feministischer Verband. Daher können wir nicht die
patriarchale Struktur des jetzigen Normalarbeitsverhältnis akzeptieren. Die 40
Stunden Woche beruht auf der Idee das jede Familie aus einer Erwerbsperson und
einer Careperson besteht. Dabei sind die Rollenaufteilung und ihre Folgen zu
häufig zu Lasten von Frauen* verteilt. Wir fordern daher Arbeit die zum Leben
passt, familienfreundlich, flexibel und mit reduzierten Wochenstunden.
Die Überwachung von Arbeitsabläufen ist zu einem wichtigen Instrument der
Prozessoptimierung geworden. Durch die genaue Messung von Arbeitsschritten
können Prozesse analysiert und verbessert werden. Entsprechende Messinstrumente
können aber auch dafür genutzt werden, Arbeitnehmer*innen auf die Einhaltung von
Prozessen zu prüfen und ihre Effizienz zu kontrollieren. Die Folge sind enormer
Leistungsdruck, sowie die Beurteilung von Arbeitnehmer*innen anhand ihrer
Effizienz, einhergehend mit der Benachteiligung von weniger effizient
arbeitenden Arbeiter*innen.
Eine solche Überwachung ist bereits rechtlich verboten,-da sie die Rechte von
Arbeitnehmer*innen erheblich einschränken. Die Implementierung von technischen
Einrichtungen die dazu bestimmt oder in der Lage sind Leistung und Verhalten zu
überwachen fallen unter das Mitbestimmungsrecht von Betriebsräten. Allerdings
halten sich viele Unternehmen nicht an diese Gesetze und nutzen im Prozessablauf
erhobene Daten zur Überwachung der Mitarbeiter*innen. Dieses Verhalten muss
stärker Sanktioniert werden, mit hohen Bußstrafen für das Unternehmen und
Gefängnisstrafen für das verantwortliche Managment.Außerdem braucht es eine
Stärkung der Betriebsräte, damit diese einen Arbeitsprozesse mitgestalten und
somit einen Einfluss auf die Arbeitsbelastung, sowie den Leistungsdruck nehmen
können.Zusätzlich fordert die Grüne Jugend NRW das in Unternehmen in der es
keinen Betriebsrat gibt, jeder*jede Mitarbeiterin selber bei der Implementierung
von technischen Einrichtung bei dennen Daten erhoben werden zustimmen muss. Dies
soll Unternehmen dazu zwingen mit Betriebsräten zusammen zu arbeiten.
Gesellscchaftspolitisch braucht es eine Öffentliche Debatte die
Arbeitnehmer*innen auf ihre Rechte aufmerksam macht und Betriebsräte für das
Thema sensibilisert.
Berufe sterben aus. In einer sich wandelnen Welt wandeln sich auch die Berufe
die wir erlernen und ausführen. So gibt es heute keine Telefonisten*innen oder
Schriftsetzer*innen mehr. Laut einer viel zitierten Studie der Universität von
Oxford werden 47 Prozent aller Errwerbstätigkeiten in den nächsten 20 Jahren
verschwinden. Eine Nachricht die Panik verbreitet. Doch progressiv denkende
Menschen sollten diese Nachricht differenziert sehen, denn es gibt auch positive
Effekte, wenn sich Menschen nicht mehr mit Aufgaben befassen müssen, die auf
einfache Weise zu digitalisieren sind. Erkenntnisse aus der
Motivationspsychologie und Hirnforschung belegen: Menschen entfalten erst dann
ihr Potenzial wenn sie wirklich motiviert sind und eine intellektuelle
Herausforderung haben, etwas erschaffen, den Sinn erleben und selbstgesteuert
handeln können. Viele der Tätigkeiten, die zukünftig digitalisiert erledigt
werden, entsprechen diesen Kriterien nicht. Insofern können durch die
Automatisierung Freiräume entstehen, die zum Beispiel für einen verbesserten
Kundenservice und kreative Tätigkeiten genutzt werden können. Zudem können wir
bereits die Entstehung von neuen Berufen beobachten. Die Politik muss auf diese
Entwicklung reagieren indem sie Bildungskonzepte überdenkt, Kinder müssen heute
auf Jobs vorbereitet werden die es noch nicht gibt. Schule muss mehr kreative
und soziale Inteligenz fördert.In den Lernplänen der Zukunft darf es nicht mehr
darum gehen das Menschen für ein bestimmtes Jobprofile ausgebildet werden,
sondern dass Räume geschaffen werden wo auch andere Talente und Fähigkeiten
sichtbar werden können. Auch muss der Sozialstaat Lebenslangeslernen
ermöglichen. Dies bedeutet nicht nur Familien und Jobfreundliche
Bildungsangebote ausbauen, sondern auch eine Einführung für lebenslanges Bafög
und die Finanzierung von nicht betrieblichen Ausbildungen durch den Staat.
Wir wollen die Digitalisierung als eine Chance der Entlastung
begreifen.Automatisierung muss bedeuten, Mitarbeiter*innen mehr Freiräume zu
geben und nicht, sie zu entlassen. Viel zu oft wird die Digitalisierung für
Rationalisierungsmaßnahmen und somit für Stellenabau missbraucht. Auf diesem
Wege verlieren nicht nur viele Arbeitnehmer*innen ihren Job - den Versicherungen
gehen dabei auch die Sozialabgaben verloren. Ein solcher Missbrauch der
Digitalisierung führt also nicht nur zu einer höheren Arbeitslosigkeit - sie
gefährdet sogar das Sozialsystem.
Arbeitsplatzabbau ist jedoch die falsche Antwort auf die fortschreitende
Modernisierung unserer Arbeit. Neue, digitale Werkzeuge dürfen nicht zum
Handlanger der Gewinnmaximierung und zweifelhaften Wachstums werden. Viel mehr
sollte die Digitalisierung der Reduktion von Arbeit und somit der Arbeitszeit
dienen. Sie ist eine Chance für Arbeitnehmer*innen bei gleichen Gehalt weniger
zu arbeiten und mehr vom Leben zu haben. Neben der Arbeitszeitreduktion ist aber
auch die Anhebung des Mindesturlaubes notwendig. Neben der Arbeitszeitreduktion
sind aber auch die Anhebung des Mindesturlaubes und die Möglichkeit regelmäßiger
Sabbaticals notwendig.
Statt Rationalisierung fordern wir also eine Arbeitszeitreduktion. Die neue
Vollzeit-Perspektive muss die 28-Stunden-Woche für alle Arbeitnehmer*innen bei
gleichbleibendem Gehalt werden! Darüberhinaus fordern wir eine Flexibilisierung
der Arbeitszeit, in der Arbeitnehmer*innen ihre Arbeitzeit mit
Rückkehrperspektive an ihre Lebensrealität anpassen können.
Außerdem braucht es einen stärkeren Kündigungsschutz. Deshalb müssen die Hürden
für eine betriebsbedingte Kündigung, beispielsweise bei Transfergesellschaften,
erhöht werden. Betriebsbedingte Kündigungen dürfen kein strategisches Instrument
für unverhältnismäßige Gewinnmaximierung sein.
Auf diese Weise werden viele Arbeitnehmer*innen in die Scheinselbstständigkeit
getrieben. Dabei wird mit der Scheinselbstständigkeit nicht nur der Mindestlohn
und Tarifverträge umgangen - auch in die Sozialversicherungen wird nicht mehr
eingezahlt. Ausbleibende Renteneinzahlungen erhöhen für die Selbstständigen das
Risiko der Altersarmut. Oft werden Scheinselbstständige am Ende des Jahres mit
hohen Steuerzahlungen konfrontiert, da in diesem Beschäftigungsverhältnis keine
Lohnsteuervorauszahlung stattfindet. All diese Aspekte macht es für die
Betroffenen schwierig zu erkennen, wie viel Netto wirklich vom Brutto
übrigbleibt.
Diese Form der Scheinselbstständigkeit muss daher stärker von den Finanz-
Arbeits- und Sozialämtern verfolgt werden. Bei ersten Anhaltspunkten sind
Scheinselbstständigkeiten zu unterbinden und entsprechende Unternehmen zu
sanktionieren. Außerdem braucht es für Beschäftigte in Scheinselbstständigkeit
Mitspracherechte und eine Vertretung durch Gewerkschaften, damit diese ihre
Rechte als Arbeitnehmer*innen wahrnehmen können.
Die Digitalisierung ist aber auch eine Chance für neue Mitbestimmungsformen
innerhalb von Unternehmen. Schon jetzt benutzen viele Unternehmen digitale
Partizipationsformen, um die Mitarbeiter*innen in ihren Entscheidungsprozessen
mit einzubinden. Allerdings handelt es sich hierbei nicht selten um
Scheinpartizipation. Deshalb wollen wir, dass darauf geachtet wird, dass die
digitale Partizipation von Mitarbeiter*innen auch wirklich Einfluss auf den
Betrieb und ihre Arbeitsweise nimmt. Dies sind wichtige Schritte in Richtung der
Demokratisierung der Wirtschaft.
In Zeiten wie diesen kommen Betriebsräte und Gewerkschaften eine neue Bedeutung
zu. Betriebsräte und Gewerkschaften müssen mehr Einfluss auf die Gestaltung von
Arbeitsverhältnissen und der Arbeit an sich nehmen. Um ihre Interessen
durchzusetzen brauchen sie aber auch ein Streickrecht, welches auch politisch
begründet ist. Dieses Werkzeug ist nötig, um auf die Einhaltung der
Arbeitnehmer*innenrechte zu pochen.
Als GRÜNE JUGEND begreifen wir die Digitalisierung als eine Chance für weniger
Arbeit, mehr Freizeit, mehr Mitbestimmungsrechte und eine demokratischere
Wirtschaft. Dazu ist es aber notwendig, die Digitalisierung in Bahnen zu lenken,
die nicht allein dem Kapitalismus zu Gute kommt, sondern auch dem Menschen
nützt. Um dieses Ziel zu erreichen ist ein stärkerer Einfluss des Staates
notwendig.