Erfolgt mündlich
Antrag: | Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte von Nachhaltigkeit schweigen! |
---|---|
Antragsteller*in: | Frederik Paul Antary |
Status: | Behandelt |
Verfahrensvorschlag: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 14.07.2018, 10:22 |
Antrag: | Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte von Nachhaltigkeit schweigen! |
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Antragsteller*in: | Frederik Paul Antary |
Status: | Behandelt |
Verfahrensvorschlag: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 14.07.2018, 10:22 |
wird was, wie und wo hergestellt wird. Erst dann lässt sich eine nachhaltige Gesellschaft verwirklichen.
Ziel dieses Antrags soll jedoch nicht sein, Symptombehandlungen generell ihre Legitimität abzussprechen, insofern sie als solche verstanden werden. Der Diskurs, der einer gesellschaftlichen Transformation, quasi als Keimzelle, vorangehen muss benötigt voraussichtlich mehr Zeit als z.B. das Weltklima uns zugesteht bevor der Point of no return erreicht ist. Den Zeitraum zu verlängern, in dem das Erschaffen einer auf commons&Freiwilligkeit basierenden Gesellschaft möglich ist, erachten wir für notwendig. Dem Diskurs mit Gruppen, die die Forderung der Abschaffung des Kapitalismus noch nicht als die logische Folge des Nachhaltigkeitsdiskurses verstanden haben, verweigern wir uns nicht.
Alle sind für Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und mehr Zeit für Wichtiges.
Entsprechende Initiativen, die daran was verbessern wollen kommen jedoch an
scheinbar unüberwindbare Grenzen. Das liegt an einem Wirtschaftssystem, das nur
funktioniert, wenn es alles dem Wachstum, der Arbeit und dem Profit unterworfen
ist. Diese Logik steht der Realisierung einer ökologisch, ökonomisch und sozial
nachhaltigen Gesellschaft im Weg. Aus einer grün-linken Perspektive sollte
demnach kein Zweifel daran bestehen, dass die Forderung nach Nachhaltigkeit mit
einer Kapitalismuskritik einher gehen sollte. Der Antrag soll die Grenzen
systemimmanenter Bestrebungen beleuchten und die Notwendigkeit einer
gesellschaftlicheren Transformation aufzeigen.
Das Problem liegt beim Wirtschaftswachstum
Ein wesentliches Merkmal, welches das gegenwertige Wirtschaftssystem bestimmt,
ist der Zwang zum Wachstum. Gemeint ist nicht das Wachstum von Wohlstand oder
Qualität, sondern die in Geld gemessen Wirtschaftsleistung (BIP). Schon 1972
kommt Club of Rome zu dem Schluss, dass das Wachstum an die Grenzen kommen wird.
Jede Warenproduktion verbraucht Stoffe und Energie und deshalb bedeutet eine
steigende Wirtschaftsleistung zwangsläufig auch einen wachsenden
Ressourcenverbrauch. Jedoch ist unendliches Wachstum auf einem endlichen
Planeten nicht möglich. Die Ressourcen werden knapper. Zudem ist das Wachstum
auch verantwortlich für den wachsenden Ausstoß von Schadstoffen und Abfall und
damit auch für den Klimawandel und die Verschmutzung der Meere etc.
Konzepte wie „grünes Wachstum“ und „Green New Deal“ wollen die Gegensätze
zwischen Umweltschutz und Wirtschaftswachstum aufheben. Der Rohstoffverbrauch
soll vom Wachstum entkoppelt werden. Ein umweltverträgliches nachhaltiges
Wachstum soll mithilfe von Umwelttechnologie verwirklicht werden. Ein Prinzip
dafür ist die Steigerung der Energie- und Rohstoffeffizienz. Der gleiche Output
an Gütern soll mit immer weniger Input an Energie und Rohstoffen erfolgen. Es
ist jedoch fraglich, ob die Einsparungseffekte was nutzen, wenn die
Gesamtproduktion weiter steigt. Die Ressourceneinsparungen in der Autoproduktion
z.B. bringen wenig, wenn immer mehr Autos produziert werden. Hinzu kommt noch
der „Rebound-Effekt“. Er drückt aus, dass durch eine erhöhte Effizienz auch mehr
verbraucht wird. Wenn Unternehmer*innen durch Ressourcenverbrauch Geld sparen,
dann werden Investitionsmittel frei. Diese werden entweder dazu genutzt um die
Produktion auszudehnen, was den positiven Umwelteffekt deutlich reduziert, oder
es wird in einem anderen Produktionsbereich mit niedriger Ressourceneffizienz
investiert, was die Umwelt noch mehr belastet. Ein weiteres Prinzip, auf das
sich die Vertreter*innen stützen, ist die Substitution. Dabei geht es in der
Regel darum, Energieträger durch solche zu ersetzten, die eine geringere
Umweltbelastung, höhere Effizienz und niedrigere Kosten, haben. Allerdings ist
diese Strategie zu kurz gegriffen. Sie reduziert zwar Umweltbelastungen,
allerdings stößt sie an ihre Grenzen, da erneuerbare Energieträger
unerschöpflich, aber nicht unbegrenzt verfügbar sind. Der heutige Verbrauch an
fossilen Energieträgern ist so groß und steigend, dass er nur zum Teil durch
erneuerbare Energien ersetzt werden kann. Außerdem bleibt dabei auch noch das
Problem einer schwierigeren Energiespeicherung.
Ein weiterer Ansatz ist Internalisierung externer Kosten, wie die Ökosteuer. Der
Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen soll besteuert werden, sodass
ökonomische Anreize für umweltschonende Aktivitäten gesetzt werden. Jedoch führt
dies zu einem unlösbaren Dilemma. Entweder ist es ökologisch erfolgreich und ein
Finanzierungsproblem, oder umgekehrt. Wenn der Rohstoffverbrauch sinkt, dann
sinken auch die Steuereinnahmen. Wenn es Steuereinnahmen gibt, dann hat sich für
die Umwelt nichts verbessert. Zudem besteht die Gefahr, dass energieintensive
Branchen abwandern, was zu Arbeitsplatzverluste und damit zu verschärften
Krisentendenzen führt. Außerdem trifft die Ökosteuer vor allem
einkommensschwache Haushalte.
Es ist absurd, dass das Wachstumsparadigma als Lösung statt als Ursache für
soziale und ökologische Probleme betrachtet wird. Es wird versucht mit denselben
Methoden die zerstörerischen Folgen des Kapitalismus zu beseitigen, mit denen
sie erst hervorgebracht wurden. Das oberste Ziel ist weiterhin die
Wettbewerbsfähigkeit sicher zu stellen. Der darin eingebaute Zwang zur
Konkurrenz um die beste Kapitalverwertung bei gleichzeitig unendlichem Wachstum
wird nicht hinterfragt. Ökologisch wäre es stattdessen die Produktion in einigen
Bereichen einzustellen (Verpackung, Automobilindustrie etc.). Solange das
Verbrauchsniveau nicht gesenkt wird, werden alle Bemühungen scheitern.
Kapitalismus kann nicht ohne Wachstum
Wenn man Wachstum als Problem erkennt, dann kommt man vielleicht zu der
Schlussfolgerung, dass das Wachstum einfach gestoppt werden sollte.
Vertreter*innen der Postwachstumsbewegung, wie Niko Paech, wollen einen
Kapitalismus ohne Wachstum. Es soll eine Regionalwährung geben damit auf lokaler
Ebene gehandelt wird. Dazu soll der Zins als vermeintlicher Treiber des
Wachstums abgeschafft werden (Dies widerspricht allerdings der Empirie, in der
niedrige Zinsen die Wirtschaft stattdessen ankurbeln). Gern wird an das
Individuum appelliert, das weniger konsumieren soll. Das wäre dann kein
Verzicht, sondern Befreiung vom Überfluss. Wenn genug Konsument*innen streiken,
dann würde die Wirtschaft aufhören zu wachsen.
Allerdings lässt sich nicht einfach so auf das Wachstum verzichten. Die
Alternative zum Wachstum ist nicht Stabilität, sondern Niedergang. Eine
stagnierende Wirtschaftsleistung oder die bloße Erwartung einer Stagnationsphase
führt zu einem Rückgang von Neuinvestition. Investiert wird nur wenn Gewinne zu
erwarten sind. Ohne Investitionen bricht jedoch die Wirtschaft zusammen. Es gibt
dann weniger Aufträge, sodass Firmen gezwungen sind Mitarbeiter*innen zu
entlassen. Mehr Arbeitslosigkeit führt zu weniger Konsumausgaben. Die Nachfrage
bricht ein, Firmen gehen pleite, mehr Mitarbeiter*innen werden entlassen. Es
verläuft in eine Abwärtsspirale.
Um den Wachstumszwang zu überwinden, muss das Problem an der Wurzel angepackt
werden und zwar an der kapitalistischen Produktionsweise. Die Triebkraft des
Kapitalismus ist dabei die Kapitalvermehrung. Ziel der Produktion ist es aus
Geld mehr Geld zu machen. Um im Konkurrenzkampf zu überleben muss der Profit
maximiert und endlos akkumuliert werden. Dabei ist es egal was der Inhalt und
die Konsequenzen der Produktion ist. In diesem Prozess ist das Wachstum angelegt
und auch die damit einhergehende Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen.
Diese Dynamik hat sich dabei gegenüber dem Menschen verselbstständigt und die
abstrakte Herrschaft des Kapitals tritt als Sachzwang auf, was systemimmanente
Bestrebungen erschwert.
Perspektive einer gesellschaftlichen Transformation
Aus dem Anspruch von Nachhaltigkeit und der dargelegten Analyse folgt die
Notwendigkeit die gegenwertige Form des Wirtschaftens zu überwinden. Die
bestehenden Verhältnisse sind nicht naturgegeben und sollten hin zu einer
befreiten Gesellschaft transformiert werden. Einer Gesellschaft jenseits von
Markt und Staat, bei der Güter und Ressourcen gemeinschaftlich organisiert und
genutzt werden. In der Kooperation im Vordergrund steht, statt Konkurrenz. In
denen Menschen beitragen, statt tauschen und frei tätig sind, statt Lohnarbeit
nachzugehen. Bei der die Produktion nicht durch den Markt vermittelt ist,
sondern aus einer Selbstorganisation heraus, in der darüber frei entschieden
wird was, wie und wo hergestellt wird. Erst dann lässt sich eine nachhaltige
Gesellschaft verwirklichen.
Ziel dieses Antrags soll jedoch nicht sein, Symptombehandlungen generell ihre Legitimität abzussprechen, insofern sie als solche verstanden werden. Der Diskurs, der einer gesellschaftlichen Transformation, quasi als Keimzelle, vorangehen muss benötigt voraussichtlich mehr Zeit als z.B. das Weltklima uns zugesteht bevor der Point of no return erreicht ist. Den Zeitraum zu verlängern, in dem das Erschaffen einer auf commons&Freiwilligkeit basierenden Gesellschaft möglich ist, erachten wir für notwendig. Dem Diskurs mit Gruppen, die die Forderung der Abschaffung des Kapitalismus noch nicht als die logische Folge des Nachhaltigkeitsdiskurses verstanden haben, verweigern wir uns nicht.
Erfolgt mündlich
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