Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Frühjahr 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Verschiedene Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesmitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 03.04.2022 |
Eingereicht: | 06.04.2022, 12:48 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Awareness
Beschlusstext
Die GRÜNE JUGEND NRW ist ein Ort, an dem wir gemeinsam Politik machen. In einem
Jugendverband wie unserem gibt es auch Streit, Probleme und auch hier erleben
Menschen Diskriminierung. Schlicht weil wir auch hier keine perfekte Utopie
leben können und Teil dieser Gesellschaft sind. Aber wir sind alle dafür
verantwortlich, dass sich jeder Mensch in der GJ NRW wohlfühlt und eine gute
Zeit hat.
Auf unseren jetzigen Landesmitgliederversammlungen haben wir dafür Awareness-
Personen, die ansprechbar bei akuten Problemen sind und mit einem ruhigen Raum
und einem ersten Gespräch versuchen zu helfen. Sie leiten weiter an
Ombudspersonen, an die Notfallseelsorge oder wenn nötig an das
Landesschiedsgericht. Awareness-Personen sind deswegen sehr wichtig für unseren
Verband. Aber vieles können und sollen Awareness-Personen nicht leisten.
Awareness-Personen sind keine ausgebildeten Seelsorger*innen oder
Psycholog*innen und sind deshalb von triggernden und überfordernden Erfahrungen
soweit es möglich ist zu schützen.
Das bedeutet auch, dass in Gesprächen mit Betroffenen zuvor von beiden Seiten
Grenzen gesetzt werden. Das heißt: Auch Awareness-Personen machen zu Beginn
klar, über welche Themen sie nicht sprechen. Dies wird vor Veranstaltungen der
Grünen Jugend NRW klar formuliert. Ebenso sollte klar kommuniziert werden: Das
Awareness-Team ist für bestimmte Themen allgemein nicht zuständig. Hier wird auf
professionelle Beratungen hingewiesen. Darunter fallen auch Angebote der GRÜNEN.
So haben z.B. die GRÜNEN NRW Ombudspersonen, an die sich Personen insbesondere
bei Gewalt wenden können. Diese - und eigene Angebote - bewerben wir aktiv auf
der Homepage und in Rundmails wie der Monats-Mail.
Deswegen führen wir in der GRÜNEN JUGEND NRW einen Awarenesspool ein. Dieser
Pool besteht aus genügend transparent ausgewählten Menschen, die ehrenamtlich
Veranstaltungen des Landesverbandes begleiten. Die Menschen aus dem
Awarenesspool sind nicht verpflichtet, auf den Veranstaltungen als Awareness-
Personen aufzutreten, sondern werden angefragt und können zu- oder absagen. Das
ist insbesondere wichtig, um auf die mentale Gesundheit der Awareness-Personen
zu achten.
Alle Menschen im Awareness-Pool bekommen speziell an ihre Aufgaben angepasste
Schulungen. Dabei geht es darum: Die Awareness-Personen sollen wissen, welche
Aufgaben sie in der Grünen Jugend NRW übernehmen sollen. Worauf sie als
Awareness-Personen achten müssen. Wie sie Teilnehmer*innen bei Veranstaltungen
helfen können. Wo ihre persönlichen Grenzen sind. Mindestens die Hälfte der
Awareness-Personen im Pool und auf den Veranstaltungen besteht aus FINTA*
(Frauen, inter*, nicht-binäre, trans*, agender) Personen.
Begründung
Was meinen wir mit Awareness? Unser Wortschatz und wie wir ihn verwendenenthält z.B. ableistische Formulierungen. Den meisten von uns fällt das gar nicht auf.
Wir werden alle ableistisch sozialisiert. Wir haben also alle ableistische Denkmuster und Verhaltensweisen verinnerlicht. Das fällt uns oft aber erst auf, wenn wir mit der Nase drauf gestoßen werden (/rw). Ähnlich ist es mit anderen Diskriminierungsformen.
Deswegen brauchen wir Weiterbildung und Sensibilisierung.
Personen sollen in Veranstaltungen (wie Workshops) direkt und ohne Hürden um Hilfe bitten können. Wir brauchen aber auch abseits der Landesmitgliederversammlungen die Awareness-Gruppe.
Kontaktmöglichkeiten können Betroffenen helfen.
Wenn wir Ableismus erkennen und benennen können , sind wir in der Lage dagegen vorzugehen und unseren Landesverband nach vorne zu bringen. Dann gewinnen wir motivierte Mitkämpfer*innen für mehr Gerechtigkeit, die momentan durch Barrieren und Diskriminierung ausgebremst werden.
Wie eine dauerhafte Awareness-Gruppe funktionieren kann, zeigt uns Brandenburg. Dort wird die Awareness-Gruppe in der Satzung festgeschrieben. So gibt es z.B. einen anonymen Kummerkasten auf der Homepage. Das Awareness-Team hat eine eigene E-Mail-Adresse.
Bei der letzten Landesmitgliederversammlung stand das Thema Antirassismus im Mittelpunkt. In verschiedenen Workshops wurde aufgeklärt und sensibilisiert. Mit Anträgen haben wir Forderungen aufgestellt, um Rassismus wirksam und standhaft entgegen zu stehen.
Aber was ist mit erlebtem Rassismus innerhalb unseres Verbandes? Wir bezeichnen uns oft und gerne als offen und links. Wir fordern entschiedenes Vorgehen gegen Diskriminierung und Rassismus bei den Grünen, in NRW und im ganzen Bundesland. Aber in unseren eigenen Reihen geben wir Betroffenen bisher zu wenig Unterstützung. Wir wissen nicht einmal, ob, in welchem Maße und wo Diskriminierung auftritt. Das ist ein Manko (/rw).
Wir verurteilen Seehofers Aussage, es gebe keinen Rassismus in der Polizei - gleichzeitig führen wir selber keine Statistik. Wir müssen Diskriminierung endlich festhalten. Wir müssen die Statistik auswerten. Wir müssen Betroffenen zuhören, anonyme Meldungen ermöglichen, sie ernst nehmen und unterstützen. Das ist grüne Politik. Das ist Grüne Jugend.
Erklärungen:
FINTA* steht für Frauen, inter*, nicht-binäre, trans* und agender Personen. Das Sternchen steht für weitere Menschen, die aufgrund ihres Geschlechtes Diskriminierung erfahren.
Ableismus bezeichnet die Diskriminierung Behinderter, chronisch / psychisch kranker und oder neurodivergenter Menschen.
"Neurodivergent" wird unterschiedlich definiert.
Unter alle Definitionen fallen Autist*innen, Menschen mit ADHS, Dyslexie (Lese-Rechtschreib-Störung). Bei manchen fallen auch Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen oder hochbegabte & hochsensible Menschen. Neurodivergent sagt aus, dass das Denken und Fühlen von der gesellschaftlich als "Norm" angesehenen Weise abweichen.
Klassismus bezeichnet die Diskriminierung aufgrund von sozialer Herkunft. Davon betroffen sind z.B. arme, nicht arbeitende und von staatlichen Leistungen lebende Personen.
LGBTQIANP+ ist eine inklusive Schreibweise, um möglichst viele Gruppen der queeren Community sichtbar zu machen. Wofür steht LGBTQIANP+?
- L = lesbisch
- G = gay. "Gay" steht im Englischen für homo*. In diesem Fall für schwul. In deutsch-sprachigen Kontexten wird oft ein S für schwul verwendet. Es heißt dann: LSBTQIANP+. Gemeint ist die gleiche Gruppe.
- B = bi*
- T = trans*, Two-Spirit
- Q = queer, questioning
- I = inter*
- A = asexuelles & aromantisches Spektrum, agender
- N = nicht-binär
- P = pan*, poly*
Ihr merkt also: Ein Buchstabe kann für mehr als eine Gruppe stehen. Das "*" ist ein Platzhalter für mögliche Endungen. Bei "bi*" kann das z.B. biromantisch, bisexuell oder auch bigender sein. Bei "trans*" z.B. transgeschlechtlich oder transgender. Das hängt von der Selbstbezeichung der jeweiligen Person ab. Damit auch sprachlich alle gemeint sind, ist es wichtig mit einem "*" auch alle abzubilden.