| Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Herbst 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8 Verschiedene Anträge |
| Antragsteller*in: | KV Aachen, KV Krefeld (dort beschlossen am: 28.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 28.10.2025, 21:48 |
V12: Das scheiß Leben ist zu teuer – Veränderung braucht Sicherheit
Antragstext
Wer heute in den Supermarkt geht, wird an der Kasse häufig den eigenen Augen
nicht trauen können: Die Preise für Güter des alltäglichen Lebens sind in den
vergangenen 5 Jahren deutlich stärker gestiegen als die Löhne. Dies lässt sich
auch an der Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Nahrungsmittel ablesen:
Dieser ist von 2020 bis 2025 um 33,3 Prozentpunkte gestiegen. (Q1) Im Vergleich
dazu sind die Reallöhne nur um 16,4 Prozentpunkte gestiegen. (Q2)
Untere und mittlere Einkommen geben den Großteil ihres Einkommens, das ihnen zur
Verfügung steht, in dem Monat aus, in dem sie es erhalten haben. Besonders
niedrige Einkommensgruppen geben einen Großteil ihres Einkommens für Wohnen und
Essen aus. So gaben bspw. Studierende im Schnitt 53 % ihres Einkommens für das
Wohnen aus. (Q3)
Spätestens der Preisschock, durch den russischen Angriffskrieg, hat kaum noch
jemanden kalt gelassen und ein Gefühl der wirtschaftlichen Verunsicherung bis
tief in die Mitte der Gesellschaft getragen. Diese wirtschaftliche
Verunsicherung wird verstärkt durch die größte Transformationsherausforderung,
die wir je hatten: die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Die Dekarbonisierung ist
unbestreitbar notwendig, um die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu
sichern. Sie bringt aber vorübergehend neue Unsicherheiten mit sich. Sei es in
der Automobilindustrie oder in der Kohleverstromung: Viele Arbeitsplätze werden
vor und nach dieser Transformation anders aussehen oder sogar ganz verschwunden
sein.
Und neben der wirtschaftlichen Transformation gibt es noch viele andere
Bereiche, in denen wir als Gesellschaft uns auf neue Gegebenheiten einstellen
müssen und es uns nicht leisten können, diese nur halbherzig voranzutreiben:
Exemplarisch seien hier das Ende der sogenannten „globalen Friedensordnung“ nach
dem Ende des Kalten Krieges, die Informationskrise durch das Aufkommen der neuen
Medien und die wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichstellung aller
Geschlechter genannt. All dem müssen wir als Gesellschaft begegnen.
Um diesen Krisen und Veränderungen geeint und konstruktiv begegnen zu können,
benötigen wir eine soziale Absicherung, die es den Menschen ermöglicht,
zuversichtlich in die Zukunft zu schauen und die notwendigen Veränderungen mit
ganzer Kraft zu unterstützen. Denn die Alternative zu dieser Zuversicht ist die
Verzweiflung. Und diese Verzweiflung ist es, die den Nährboden für die
vollkommene Aufgabe der Klimaziele und die Rücknahme aller bisher gefassten
Maßnahmen bietet. Diese Verzweiflung ist es auch, die Menschen anfälliger für
die faschistischen Narrative macht.
Wir als GRÜNE JUGEND NRW sind davon überzeugt, dass Transformation und
Krisenbewältigung eine resiliente Gesellschaft benötigen. Wir sind davon
überzeugt, dass wir dafür als Gesellschaft solidarisch Einzelschicksale abfedern
und stützen müssen. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit können nicht getrennt
gedacht werden.
Daher fordern wir:
- das Streichen der Mehrwertsteuer auf alle Grundnahrungsmittel (inklusive
Babynahrung), da diese den Großteil der Steuerlast auf niedrige und
mittlere Einkommen ausmacht.
- die Kopplung von Sozialleistungen an die tatsächlichen Steigerungen der
Lebenshaltungskosten.
- den Einstieg des Staates in den Wohnungsmarkt und den Lebensmittelhandel,
um von Angebotsseite aus die Preise zu senken.
Q1: Statistisches Bundesamt „Preisentwicklung für Nahrungsmittel im Zeitraum
Januar 2020 bis Juni 2025”
Q2: Statistisches Bundesamt „Entwicklung der Nominallöhne 2007 bis 2024“
Q3: Statistisches Bundesamt „Studierendenhaushalte geben im Schnitt 53 % des
Einkommens für Wohnkosten aus.“
Begründung
Anstelle einer klassischen Begründung findet ihr hier ein kleines FAQ zu Themen des Antrags!
Senkung der Mehrwertsteuer:
Was ist die Mehrwertsteuer?
Schaut euch dafür doch die Erklärung hier an.
Warum senken wir nicht lieber die Einkommenssteuer?
Die Einkommenssteuer betrifft zum einen nur Menschen, die Einkommen haben. Die Mehrwertsteuer bezahlen alle Menschen in Deutschland. Und selbst die unteren 50 % der Haushalte mit Einkommen haben eine höhere Last durch die Mehrwertsteuer als durch die Einkommenssteuer.
Grafik der Bundeszentrale für Politische Bildung: Steuern und Sozialbeiträge in Prozent des Haushaltsbruttoeinkommens 2015
Aber stecken sich das nicht die Unternehmen ein?
In der Coronakrise gab es bereits eine Mehrwertsteuersenkung. Selbst arbeitgebernahe Institute haben Untersuchungen veröffentlicht, die besagen, dass die Mehrwertsteuersenkung fast komplett weitergegeben worden ist.
Einstieg des Staates in den Wohnungsmarkt und Lebensmittelhandel – Was soll das bringen?
Sowohl im Wohnmarkt als auch im Lebensmittelhandel sind wir als Bürger:innen stark abhängig von den Anbietern: Wir können uns nicht entscheiden, nicht zu essen, und wir benötigen auch ein Dach über dem Kopf. Damit stehen wir in einem Abhängigkeitsverhältnis. Dieses Abhängigkeitsverhältnis kann ausgenutzt werden, wenn es eine Knappheit auf dem Markt gibt oder einer oder wenige Anbieter die Angebotsseite kontrollieren.
Wenn der Staat Wohnungen günstig vermietet oder Supermärkte aufkommensneutral betreibt, dann würde er die anderen Anbieter auf dem Markt unter Preisdruck stellen und so die marktbeherrschende Stellung von Unternehmen aufbrechen.