Vermeidung von Nazi-Jargon.
Verschiedene Anträge: | Climate Engineering ist keine Alternative! |
---|---|
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 06.11.2019) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 07.11.2019, 19:02 |
Verschiedene Anträge: | Climate Engineering ist keine Alternative! |
---|---|
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 06.11.2019) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 07.11.2019, 19:02 |
Umweltprozesse auf globaler Ebene kontrollieren. Zwar haben Menschen seit Anbeginn ihren Lebensraumihre Umwelt genutzt und gestaltet, jedoch niemals in einem Maßstab, der mit CE vergleichbar wäre. Die Annahme, dass Menschen dazu in der
Im Kampf gegen die sich immer weiter verschärfende Klimakrise rückt inzwischen
auch das sogenannte Climate Engineering (CE) in den Fokus. Darunter werden
großskalige Eingriffe in das Klimasystem zusammengefasst, die darauf abzielen,
die menschgemachte Klimaerwärmung abzumildern.
CE-Maßnahmen lassen sich im Wesentlichen in zwei Gruppen unterteilen: Techniken,
die den Strahlungshaushalt beeinflussen, "Solar Radiation Management" (SRM)
genannt, und Techniken, die den CO2-Gehalt der Atmosphäre dauerhaft verringern
sollen, genannt "Carbon Dioxide Removal" (CDR).
Eine SRM-Maßnahme ist beispielsweise die Ausbringung von Schwefelpartikeln in
die Erdatmosphäre. Von ihnen soll ein Großteil der Sonneneinstrahlung
reflektiert werden, die verbleibende Strahlung heizt die Erde weniger auf.
Nebenwirkungen wie z.B. das Ausbleiben von Regen sind nicht auszuschließen.
Daraus wiederum resultieren gravierende Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt,
wie auch für die menschliche Zivilisation: Denn ohne Regen gibt es keine
Nahrung, und ohne Nahrung kein Leben.
Eine CDR-Maßnahme ist zum Beispiel die technische Filterung von CO2 aus der
Luft. Das CO2 wird anschließend beispielsweise in Gesteinsschichten oder
Gaskavernen gepresst ("Carbon Capture and Storage", CCS). Es ist nicht
gesichert, dass es danach nicht wieder in die Atmosphäre entweicht.
Am häufigsten wird jedoch die Filterung von CO2 aus der Luft mittels Pflanzen
diskutiert. Dies scheint leicht umsetzbar durch großflächige Aufforstung,
allerdings gerät die Menschheit dadurch in ein Trilemma, da CO2-Reduzierung,
Bestrebungen zu mehr Biodiversität und schlicht der Anbau von Nahrungsmitteln
miteinander um Flächen konkurrieren.
Außerdem wird die großflächige Düngung der Ozeane mit Eisenverbindungen in
Betracht gezogen, um das Algenwachstum anzuregen und so die CO2-Konzentration
ebenfalls auf biologischem Weg zu senken. Während die Wirksamkeit dieser Methode
aufgrund von Zwischenspeicher-Effekten der Weltmeere ebenfalls anzuzweifeln ist,
sind negative Auswirkungen auch hier sehr wahrscheinlich: Das marine Ökosystem
könnte durch Ozeandüngung zusammenbrechen oder zumindest massiv aus dem
Gleichgewicht gebracht werden, womit die Lebensgrundlage einer Vielzahl von
Arten gefährdet würde.
An diesen Beispielen wird deutlich, dass viele Maßnahmen des CE nicht nur
hinsichtlich ihrer Effektivität fraglich sind, sondern auch eine massive
Bedrohung für die Lebensräume vieler Arten darstellen – uns Menschen
eingeschlossen.
Für alle Techniken gilt gleichermaßen: CE setzt nicht an den eigentlichen
Ursachen der Klimakrise an, nämlich am überhöhten Ausstoß von Treibhausgasen,
sondern bekämpft vielmehr deren Symptome. Auf lange Sicht kann CE also keine
Alternative zur Emissionsreduzierung sein.
Gegen die Anwendnung jeglicher Art von CE sprechen auch folgende Argumente:
Die Methode des Carbon Dioxide Removal (CDR) lässt die Fehlannahme zu, dass nach
den Plänen zur 1,5-Grad-Grenze überzählige Emissionen danach wieder ohne
Nebeneffekte und problemlos "zurückgeholt" werden können. Diese Rechnung geht
jedoch insgesamt betrachtet nicht auf, da diese Emissionen in der Zwischenzeit,
bis sie abgefangen werden, zu einem Temperaturanstieg führen können, der die
Kippelemente des Klimas zu aktivieren droht. Eine unaufhaltsame Aufwärtsspirale
der Erderwärmung ist die Folge. Ferner steht hinter CDR auch ein nicht zu
unterschätzender Energieaufwand.
Es ist vom sogenannten "Fossil Lock-In" die Rede, wodurch das Verharren auf
veralteten Technologien beschrieben wird. Dies könnte eintreten, wenn z.B. durch
CE eine vermeintliche Sicherheit in der Nutzung fossiler Energieträger
vorgetäuscht wird.
Die Auswirkungen von CE lassen sich meist nicht nur auf den globalen Norden
begrenzen, wo jedoch hauptsächlich Forschung in diesem Bereich erfolgt.
Gleichzeitig werden jedoch gerade die Menschen im globalen Süden die
Auswirkungen zu spüren bekommen – die Menschen, die auch jetzt schon
unverschuldet am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Sie sind es auch, die
durch eine mögliche Weiterentwicklung von CE zwischen die Fronten geraten
können, zumal die Auswirkungen von bestimmten CE-Maßnahmen keine Staatsgrenzen
kennt.
Es setzen sich insbesondere Klimawandelskeptiker und Befürworter fossiler
Energieträger maßgeblich für die Forschung an CE ein. Sie nutzen die Möglichkeit
der Anwendung solcher Maßnahmen als Argument für das Festhalten an fossilen
Energieträgern. So sei auch die Entwicklung von CCS-Maßnahmen in erster Linie
von Interessen der Betreiber fossiler Energieträger geleitet worden anstatt aus
der Motivation der Klimagereichtigkeit.
Schließlich ist aus unserer Sicht die erschreckendste Warnung von Forscher*innen
zu CE-Technologien die des sogenannten "termination shock": Sollte CE wirklich
zur Anwendung kommen, ergäbe sich ein katastrophales Dilemma: Einmal begonnen,
wäre das Einstellen solcher Maßnahmen selbst im Falle des Eintretens von
ungünstigen Nebenwirkungen nur schwer zu vertreten. Denn sollten sich durch CE
tatsächlich die CO2-Konzentration und die Durchschnittstemperatur verringern
lassen, würde eine Beendigung der Maßnahmen zu einem schlagartigen
Temperaturanstieg führen, dessen Folgen in keinem Verhältnis zu der derzeit
schon alarmierenden Klimakrise steht.
Deshalb fordern wir, die Grüne Jugend NRW, hinsichtlich der Forschung an CE-
Maßnahmen Folgendes:
Zunächst soll der Schwerpunkt der Klimaforschung und -politik weiterhin auf
Strategien zur Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen liegen, wie auch auf der
Weiterentwicklung von erneuerbaren Energien und zugehörigen
Speichertechnologien. CE sollte eine nachgeordnete Priorität besitzen.
Ferner fordern wir, Forschungsaktivitäten zu CE einer Instanz zu unterstellen,
die mit einer Ethikkommission bei Tierversuchen vergleichbar ist. Dies halten
wir aus folgenden Gründen für angebracht:
Erstens können bereits kleinere Versuche zu CE große Auswirkungen auf Klima- und
Ökosysteme haben. Deshalb muss sich diese Forschung am Vorsorgeprinzip
orientieren. Dieses gehört zu den Grundpfeilern der Umweltpolitik und verlangt,
dass bei unzureichendem Wissen über Art, Ausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit
von Umweltschäden mit Voraussicht gehandelt werden muss, um Schäden von
vornherein zu vermeiden.
Zweitens birgt Forschung in diesem Bereich internationales Konfliktpotential.
Forschung, die zum Verhindern der Klimakatastrophe betrieben wurde, könnte
gleichzeitig auch als Druckmittel genutzt werden, sofern die Forschung an CE so
weit voranschreiten sollte, dass damit tatsächlich das Klima beeinflusst werden
kann. Allein die Tatsache, dass ein bestimmter Staat an CE forscht, könnte
bestehende Konflikte zwischen Staaten befeuern. Das Kriegs und Konfliktpotential
zwischen Staaten würde erheblich ansteigen, falls es zu nationalen Alleingängen
in der Forschung oder Anwendung von CE kommen sollte.
Unsere dritte Forderung: Die Länder, die bisher am meisten unter der anhaltenden
Klimakrise leiden,sollen in der Debatte um die Vertretbarkeit der Forschung und
Durchführung von CE-Maßnahmen federführend sein.
Schließlich fordern wir größte Transparenz bezüglich der Finanzierung von
Forschung an CE-Maßnahmen. Vor allem aber darf Forschung in diesem Bereich nicht
von kommerziellen Interessen geleitet sein.
Da es in einigen Ländern wie den USA, China und Großbritannien bereits
ernsthafte Bestrebungen gibt, Ideen zu CE in die Praxis umzusetzen, halten wir
es für angebracht, uns auch zur Anwendung von einigen CE-Maßnahmen zu
positionieren:
Wir fordern, von jeglicher Anwendung folgender Techniken abzusehen: SRM-
Maßnahmen unter Einbringung von Partikeln in die Erdatmosphäre, Düngung der
Ozeane mit Eisenverbindungen, CCS-Maßnahmen ohne einen gesicherten Verbleib des
CO2.
Dem Konzept CE liegt die anmaßende Haltung zugrunde, Menschen könnten Klima- und
Umweltprozesse auf globaler Ebene kontrollieren. Zwar haben Menschen seit
Anbeginn ihren Lebensraumihre Umwelt genutzt und gestaltet, jedoch niemals in einem
Maßstab, der mit CE vergleichbar wäre. Die Annahme, dass Menschen dazu in der
Lage sind, derart in Umweltprozesse einzugreifen, wie auch die Folgen eines
solch massiven Eingriffs kontrollieren können, halten wir für naiv. Zudem sehen
wir die Gefahr, dass das bereits erwähnte Artensterben bei der Anwendung von CE
bewusst in Kauf genommen wird, um die Durchschnittstemperatur um jeden Preis zu
senken. Eine solche Haltung darf aus unserer Sicht niemals die Grundlage für den
Kampf gegen die Erderwärmung sein.
Zweitens sehen auch wir – und damit schließen wir uns dem Bundesamt für Umwelt
an – die Gefahr eines Paradigmenwechsel in der Klimaschutzpolitik: Durch CE wird
die bisherige Ansicht, dass der Ausstoß von Treibhausgasen unbedingt gesenkt
werden muss, infrage gestellt. Vielmehr wird sich durch zukünftige technische
Fortschritte laut dieser Argumentation eine Emissionsreduktion und auch eine
gesellschaftliche Verhaltensänderung erübrigen.
Ferner verurteilen wir den Begriff "Ultima ratio" (letztes Mittel) im
Zusammenhang mit CE-Maßnahmen. Dieser Ausdruck suggeriert, dass solche
Technologien derart ausgereift wären, dass sie tatsächlich im Falle des
Scheiterns aller anderer Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden können. Da dies
laut aktueller Forschung nicht der Fall ist, wirkt die Verwendung des Begriffes
irreführend und manipulierend.
Genauso verurteilen wir das Festklammern an fossilen Energieträgern mit dem
Verweis auf Climate Engineering.
Vermeidung von Nazi-Jargon.