Veranstaltung: | Frühjahrs-Landesmitgliederversammlung 2018 der GRÜNEN JUGEND NRW |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | TOP 7 Sonstige Anträge |
Antragsteller*in: | Mitgliederversammlung (dort beschlossen am: 11.03.2018) |
Status: | Angenommen |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung (Angenommen) |
Beschlossen am: | 11.03.2018 |
Eingereicht: | 12.03.2018, 18:20 |
Antragshistorie: | Version 1 |
V3-Beschluss: Leistest du noch oder lernst du schon?
Antragstext
Jahrzehnte war Schulpolitik DAS Thema der politischen Auseinandersetzung. Im
Versuch daraus auszubrechen, wurde unter der Federführung von der GRÜNEN
Schulministerin Sylvia Löhrmann mit der SPD und der CDU der Schulkonsens
ausgehandelt. Der Schulkonsens sollte den Grabenkampf um die beste Schulform
beenden und dazu führen, dass Gymnasien, Gesamtschulen und Co. strukturell
gleichbehandelt werden.
Wir müssen feststellen, dass dieser Konsens nur so lange umgesetzt wurde, wie es
eine GRÜNE Schulministerin gab. Auch dadurch, dass nun die FDP das Ministerium
führt, hat die Ideologie des Leistungsgedankens Einzug in alle Schulsysteme
gehalten. Schwarz-Gelb leitet Schritte ein, die notwendigen
gesellschaftspolitischen Aufgaben wie Inklusion und Integration von dem
Gymnasium auf die anderen Schulsysteme wie Haupt-, Real-, und Gesamtschulen zu
delegieren.
Schwarz-Gelb hat den Schukonsens durch Regierungshandeln faktisch aufgekündigt.
Schwarz-Gelb sieht in Inklusion und Integration offenkundig eine Bürde, die dem
Leistungsgedanken entgegensteht. Diesem Denken stellen wir uns als GRÜNE JUGEND
entgegen- Inklusion ist und bleibt ein Menschenrecht. Ein Menschenrecht kann man
weder revidieren noch aussetzen.
Nur aus dem gemeinsamen Handeln und Gestalten einer Gesellschaft kann Zukunft
entstehen. Unterschiede in einer Gruppe machen nicht schwach, sondern stark.
Auch bei der Mittelverteilung und dem Lehrer*innenschlüssel zieht die
Landesregierung die Gymnasien den anderen Schulen vor. Die Landesregierung geht
sogar noch weiter und realisiert sogenannte „Talentschulen“. Damit schafft sie
eine Ungleichheit in der Finanzierung. Statt auf eine auskömmliche
Grundfinanzierung setzt sie auf Leuchtturmpolitik. Das ist nicht gerecht!
Es ist jetzt die Aufgabe der GRÜNEN JUGEND der Leistungsideologie von Schwarz-
Gelb einen Bildungsgedanken der individuellen Förderung in gemeinschaftlichem
Lernen entgegenzusetzen. Die Ideologie der Leistung ist im Schulsystem tief
verwurzelt. Noten, Klassen, Stufen und Schulformen sind die systemischen
Ergebnisse, die seit dem 19. Jahrhundert andauern. Dabei werden Klassen als
Kollektiv unterrichtet. Nach wie vor ist darin der Gedanke implementiert, dass
Schüler*innen kategorisiert werden können und müssen. Diesen Gedanken finden wir
falsch!
Die Gesamtschule und die Forderung des längeren gemeinsamen Lernens sind
Ergebnisse der Hinterfragung dieses Denkens. Obwohl sie für Schwarz-Gelb
offenbar Forderungen des Teufels sind, gehen sie uns nicht weit genug. Sie
hinterfragen und lockern das System, bewegen sich aber weitgehend im Denken des
19. Jahrhunderts.
Bei der Antwort auf die rückwärtsgewandte Leistungsideologie von Schwarz-Gelb
müssen wir uns also fragen: Wie kann ein Schulsystem des 21. Jahrhunderts
aussehen. Wir wollen die Förderung individualisieren und dabei doch ein Lern-
und Lebensgefühl des Gemeinsamen schaffen.
Wenn wir die Inklusion konsequent zu Ende denken, dann heißt das ein Ende von
Lehrplänen und zentralen Prüfungen- jedoch darf man sich vor diesem Fakt nicht
verschließen. Längst ist bewiesen, dass die Fähigkeit in heterogenen Gruppen
auszukommen, zu agieren und Konflikte handzuhaben und zu lösen eine der
zentralen Schlüsselkompetenzen unseres eigenen Wohlbefindens in der
Gesellschaft. Weiter noch: Die OECD-Studie zeigt deutlich, dass das Gefühl von
Selbstwirksamkeit und selbstständigem Handeln in unserer Gesellschaft elementar
sind. Insbesondere vor dem Hintergrund der globalen Wirtschaft und
Informationsgesellschaft ist es zudem wichtig, dass wir Hilfsmittel und
Instrumente kennen und nutzen können, die uns im Rahmen der veränderten,
digitalisierten Gesellschaft nützen.
Die Frage ist, ob wir uns diesen Schlüsselkompetenzen im Schulsystem weiter
verschließen oder endlich zu einem kompetenzorientierten Lernen kommen.
Schüler*innen sollen die Freiheit bekommen, autonom ihre Fähigkeiten auszubauen.
Jede*r Schüler*in muss endlich die Möglichkeit bekommen, sich in
Kompetenzgebieten modulartig unterschiedlich schnell zu bewegen. Hier sind
digitale Angebote insbesondere zur Unterstützung der Lehrer*innen hilfreich und
notwendig. Bei Nachhilfebedarf kann auf individuelle Förderung nicht verzichten
werden. Wir wollen weniger Frontalunterricht, sondern begleitenden Unterricht
seitens der Lehrer*innen. Schule hat unserer Meinung nach die Aufgabe,
Schüler*innen in ihrer Entwicklung zu kritischen, mündigen, selbstbewussten und
selbstbestimmten Bürger*innen zu begleiten und ihnen das Gefühl zu geben, sich
in großem und durchaus unübersichtlichem Rahmen frei und kompetent bewegen zu
können. Solange das Grundprinzip des kollektiven Unterrichts nicht in Frage
gestellt wird, sind Lehrer*innen bei der individuellen Förderung auf sich allein
gestellt. Wer aus diesem Dilemma ausbrechen will, muss den Mut haben radikale
Fragen zu stellen.
Packen wir es an!
Begründung
erfolgt mündlich