Veranstaltung: | Frühjahrs-Landesmitgliederversammlung 2025 der GRÜNEN JUGEND NRW |
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Tagesordnungspunkt: | 9. Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand Grüne Jugend NRW (dort beschlossen am: 29.04.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 29.04.2025, 22:54 |
V4: Wenn Unrecht laut wird, werden wir lauter: Solidarität mit den Protestierenden in der Türkei!
Antragstext
Die gesellschaftliche und politische Lage in der Türkei hat sich in den letzten
Jahren dramatisch zugespitzt. Unter der Führung von Präsident Recep Tayyip
Erdoğan regiert eine islamistisch-ultranationalistische Regierung mit harter
Hand. Der autoritäre Kurs der AKP hat längst sämtliche roten Linien
überschritten: Der Rechtsstaat wurde systematisch ausgehöhlt, kritische Medien
gleichgeschaltet oder zerschlagen und demokratische Institutionen zu bloßen
Werkzeugen des undemokratischen Machterhalts degradiert.
Oppositionelle Stimmen werden nicht nur kriminalisiert und überwacht – sie
werden verfolgt, verhaftet, mundtot gemacht oder trotz demokratischer
Legitimation abgesetzt. Bürgermeister*innen, Politiker*innen, Aktivist*innen und
Journalist*innen, die sich für Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit oder
Minderheitenschutz einsetzen, sind zur Zielscheibe eines Staatsapparats
geworden, der mit aller Härte gegen jede Form des Widerspruchs vorgeht.
Zuletzt traf es den bekannten Oppositionspolitiker Ekrem İmamoğlu, einen der
stärksten Herausforderer Erdoğans. Seine Verhaftung, am 19. März 2025, reiht
sich ein in eine lange Liste politischer Gefangener – wie Selahattin Demirtaş,
der bereits seit 2016unter konstruierten Vorwürfen inhaftiert ist, weil er sich
für eine demokratische und freie Türkei eingesetzt hat. Allein in den letzten
Jahren wurden hunderttausende Akademiker*innen, Journalist*innen, Abgeordnete
und Oppositionelleverfolgt, verurteilt oder aus ihren Ämtern entfernt.
Was in der Türkei geschieht, ist keine demokratische Auseinandersetzung – es ist
die systematische Zerschlagung aller demokratischen Strukturen. Wahlfälschungen,
Medienkontrolle, politische Justiz und Gewalt gegen Protestierende sind
trauriger Alltag.
Es ist ein Teil eines weltweiten Pfades in Richtung Autoritarismus. Wir sehen
ähnliche Entwicklungen im Iran, in Russland, in El Salvador, Belarus – und auch
in den USA entwickeln sich zunehmend autoritäre Tendenzen, während die
demokratischen Strukturen Stück für Stück zerstört werden. Wenn eine Demokratie
fällt, betrifft das uns alle. Der Widerstand der Protestierenden in der Türke
ist ein Symbol für die globale Hoffnung, dass es anders sein kann. Wenn Menschen
dort unter größten Gefahren gegen ein Regime aufstehen, dann tun sie das auch im
Namen aller, die noch in Freiheit leben.
Die Kämpfe, die in der Türkei geführt werden, sind auch unsere Kämpfe. Sie
zeigen, wie fragil Freiheit und Demokratie sind – und wie notwendig unsere
Solidarität ist.
Denn der Einfluss von Erdoğan und seiner islamistisch-ultranationalistischen AKP
endet nicht an den Landesgrenzen – er reicht bis tief nach Nordrhein-Westfalen.
Hier in NRW lebt eine der größten Diasporas aus der Türkei: Kurd*innen,
Alevit*innen, Armenier*innen, oppositionelle Demokrat*innen, queere
Aktivist*innen, Journalist*innen, linke Studierende – Menschen, die vor
Repression, Gewalt und politischer Verfolgung geflohen sind. Sie alle haben sich
NRW als neue Heimat ausgesucht, um in Sicherheit zu leben – frei von Angst,
Drohungen und Überwachung.
Doch auch hier sind sie nicht sicher. Ultranationalistische Organisationen wie
ATIB sind in vielen Städten aktiv und betreiben systematische Einschüchterung,
Diskriminierung, Ausgrenzung, organisieren Erdoğan-nahe
(Wahlkampf)veranstaltungen, schüren Hass und bedrohen Menschen, die sich in der
Türkei oder hier gegen das Regime stellen. Diese Gruppierungen stehen nicht auf
dem Boden unserer Demokratie – sie vertreten ein autoritäres, nationalistisches
Weltbild, das weder mit unseren Grundwerten vereinbar ist, noch mit dem Recht
auf Schutz für politisch Verfolgte.
2023 stimmten in NRW mehr türkeistämmige Wahlberechtigte für ihn als in der
Türkei selbst. Das ist das Ergebnis jahrelanger Vernetzung und politischer
Einflussnahme durch AKP-nahe Organisationen. In Städten wie Köln, Neussund
weitere gab es Auftritte, bei denen zur Hetzjagd auf die Opposition aufgerufen
wurde.
Wir sagen klar: Das muss gestoppt werden!
Deshalb fordern wir als GRÜNE JUGEND NRW die sofortige Freilassung aller
politischen Gefangenen in der Türkei und ein Ende der systematischen Repression
gegen Kurd*innen, Alevit*innen, linke und queere Aktivist*innen,
Journalist*innen sowie alle Menschen, die sich mutig gegen die autokratische
Regierung stellen.
Die Türkei ist kein sicherer Drittstaat – Abschiebungen dorthin müssen gestoppt
werden. Politisch Geflüchtete brauchen hier in NRW konsequenten Schutz,
insbesondere vor dem Einfluss AKP-naher Organisationen wie der ATIB, die durch
soziale Kontrolle und Einschüchterung versuchen, Druck auf Geflüchtete
auszuüben.
Darüber hinaus fordert die GRÜNE JUGEND NRW ein Verbot von Wahlkampfauftritten
und Propagandaveranstaltungen türkischer Regierungsvertreter*innen auf deutschem
Boden, denn demokratiefeindliche Ideologien dürfen in unserer Gesellschaft
keinen Platz haben.
Unsere Solidarität gilt uneingeschränkt allen, die sich gegen das autoritäre
Regime Erdoğans erheben, egal ob in der Türkei oder hier in NRW.