Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Herbst 2022 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 9 Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Lena Cornelissen, René Adiyaman, Maya Stiller, Koi Katha Blaeser, Janis Bonn, Louisa Albrecht, Henry Soltau, Elena Balke |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
Eingereicht: | 18.10.2022, 21:06 |
V4: Grüne Jugend NRW für alle
Antragstext
Eine zukunftsfähige, eine solidarische Politik, eine Demokratie für alle muss
auch alle Menschen mitnehmen. Diese Politik muss Menschen mit Behinderungen,
chronischen und oder psyschichen Erkrankungen und oder neurodivergente Menschen
mitdenken, einbeziehen und ihnen Teilhabe ermöglichen.
Damit alle Mitglieder der Grünen Jugend NRW an der Gestaltung des Verbands und
an Veranstaltungen teilhaben können, setzt die Grüne Jugend NRW folgende
finanziellkostenfreie Maßnahmen um:
- Menschen verschiedener marginalisierter Gruppen, die nicht gleichzeitig
Teil des Landesvorstandes sind, werden in die Planung von
Landesmitgliederversammlungen (LMVen) und weiteren Veranstaltungen
einbezogen, sodass ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden.
- Allgemein bei Texten, Dokumenten, Kommunikation, Social Media,
Veranstaltungen...
- Alle Texte und Dokumente werden zusätzlich in Einfacher Sprache, leicht
auffindbar, zur Verfügung gestellt. Bestehende werden nach und nach in
Einfache Sprache übersetzt.
- Abkürzungen, Fremdwörter oder Anglizismen werden erklärt bzw. vermieden.
- Auf Dauer-Großschreibung oder -Fettschreibung wird verzichtet, da es für
Menschen, die Screenreader*innen nutzen, nicht zugänglich ist.
- Alle visuell dargebotenen Informationen (Präsentation, Anträge usw.)
werden bereits im Vorhinein zur Verfügung gestellt und oder während der
Veranstaltung akustisch dargeboten. Dadurch werden Barrieren vermindert,
zum Beispiel für Menschen mit geringer Konzentrationsspanne und oder
Sehbehinderung.
- Alle Bilder bekommen Bildbeschreibungen, damit auch blinde und
sehbehinderte Personen alle relevanten Informationen erhalten.
- In Bildbeschreibungen - oder ergänzend in Bildunterschriften - gehört
auch, was durch das Bild ausgedrückt wird oder werden soll.
- Alle Videos bekommen Untertitel, damit auch Taube und hörbehinderte
Personen alle relevanten Informationen erhalten.
- Alle Videos bekommen Videobeschreibungen. Die funktionieren so wie
Bildbeschreibungen.
- Inhaltswarnungen werden konsequent gesetzt. Dazu gibt es eine
niedrigschwellig zugängliche Liste mit möglicherweise triggernden Themen.
Mitglieder können weitere Themen auf diese Liste setzen.
- Bei Reden, Workshops, Vorträgen, Diskussionsrunden, Veranstaltungen....
- Zeitgrenzen werden gesetzt und eingehalten. Zudem werden ausreichend
Pausen gemacht, zum Beispiel alle 45 Minuten 5Minuten Pause. Dies ist
unter anderemfür neurodivergente Personen und oder Menschen, die auf
Assistenz angewiesen sind, relevant.
- Reden, Begründungen usw. werden, falls möglich im Vorhinein, schriftlich
zur Verfügung gestellt.
- Es gibt Protokolle sowie ein mündliches und schriftliches Fazit am Ende
oder im Nachgang. Außerdem werden Präsentationen und andere genutzte
Medien zur Verfügung gestellt. Dies kann z.B. per E-Mail oder über die
Grüne Wolke geschehen.
- Damit Lippenlesen und Zuhören - und dadurch Teilhabe - besser möglich
sind, sollte das Mundbild gut sichtbar sein und ein möglichst ruhiger
Hintergrund gewählt werden.
- Bei Präsenz-Landesmitgliederversammlungen gibt es die Möglichkeit für
behinderte, chronisch / psychisch kranke und oder neurodivergente
Personen, bei der Anmeldung und Essensausgabe schneller dran zu kommen.
Lange in der Schlange zu stehen/rw, kann körperlich, sensorisch und oder
psychisch eine große Belastung sein (z.B. Reizüberflutung wegen Lautstärke
/ vieler Menschen).
- Regelmäßig weist das Präsidium darauf hin, dass es okay ist, wenn Leute
- zwischendurch eigene Pausen machen
- oder einige Schritte gehen
- entscheiden, ob und wo sie mit Konzentration dabei sind und wo nicht.
- ....
- Das ist z.B. für Menschen mit dem Restless Legs Syndrom, ADHS und oder
Konzentrationsschwierigkeiten und oder für autistische Personen
entlastend. Wir gehen heute meistens davon aus, dass allen Leuten von
Anfang an klar ist, welche unausgesprochenen Verhaltensregeln und
"Selbst"verständlichkeiten es gibt. Dabei vergessen wir Neu-Mitglieder -
und auch gerade neurodivergente Menschen. Denn vielen neurodivergenten
Personen fällt es generell schwer, unausgesprochene Regeln als solche zu
erkennen.
- Workshops, Vorträge, Diskussionsrunden und weitere Veranstaltungen haben
detaillierte Beschreibungen. Auch werden Ansprechpersonen mit Kontaktdaten
(bitte nicht nur Telefonnummern) angegeben, an die sich Personen bei
weiteren Fragen wenden können.
Begründung
Barrierefreiheit ist an allererster Stelle ein Menschenrecht. Damit ist es zunächst irrelevant, ob Maßnahmen der Barrierefreiheit etwas kosten oder nicht - sie sind ein Menschenrecht.
Viele viele Möglichkeiten, unseren Verband barrierefreier zu machen, kommen ganz ohne finanzielle Mittel aus. Wir machen uns hier einmal die Arbeit, diese aufzuzeigen. Die Liste ist natürlich nicht vollständig.
Es sind auch Anregungen an alle Mitglieder, Vorstände und Gremien, Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit auf den verschiedenen Ebenen umzusetzen. Ihr dürft das natürlich auch liebend gerne in Gruppen und Gremien außerhalb der Grünen Jugend mitnehmen.
Wir haben bereits unsere Unterstützung angeboten - das Angebot steht bis heute.
Zum Beispiel mit diesem Antrag. Oder bei der Planung von Landesmitgliederversammlungen bezüglich Barrierefreiheit. Die Kompetenzen sind in unserem Verband definitiv vorhanden!
Bitte unterstützt unseren Antrag, damit das Teilhaben an unserem Verband kein Privileg bleibt. Damit das Teilhaben, wie die meisten von Euch es kennen und erleben, nicht länger neurotypischen Personen ohne Behinderungen, ohne chronischen Erkrankungen, ohne psyschichen Erkrankungen vorbehalten ist.
Natürlich beschränken auch neben Ableismus weitere Diskriminierungsformen wie Rassismus, Klassismus oder Antisemitismus bis heute die Teilhabe negativ betroffener Gruppen in unserem Verband. Auch hier gegen brauchen wir dringend Maßnahmen.
Und noch ein Paar Details:
Unsere Forderungen mögen sich erst mal nach deutlich mehr Arbeit für Referent*innen anhören, die das ganze ja oft ohne Bezahlung machen.
Wir fordern aber vor allem, dass sowieso vorhandene Materialien - wie Präsentationen, Protokolle oder Arbeitsblätter - tatsächlich im Vor- und Nachhinein zur Verfügung stehen.
Gleichzeitig fällt auch hier (wie bei Bildbeschreibungen, Untertiteln & Co) eine gewisse Mehr-Arbeit an. Diese müssen wir auf genügend Menschen verteilen.
Wir bekommen oft gesagt, an welchen Stellen wir "mit voller Konzentration" dabei sein sollen. Aber eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass jede*r selber entscheidet, welche Tagesordnungspunkte ihnen wichtig bzw. wichtiger sind.
Erklärung:
- marginalisierte Personen = am Rande der Gesellschaft lebende / an den Rand der Gesellschaft gedrängte Personen. "Marginalisiert" wird oft genauso wie "diskriminiert" verwendet.
- Anglizismus = englische Redewendungen oder Wortbildungen, die in eine andere Sprache (hier ins Deutsche) übernommen wurden
- /rw kennzeichnet Redewendungen bzw. genauer gesagt sprachliche Ausdrücke, die nicht wörtlich gemeint sind.
- Neurodivergent = ist das Gegenteil von "neurotypisch". Es geht um eine Einteilung für die "Funktionsweise" von Gehirnen. Bei neurodivergenten Personen entspricht die "Funktionsweise" nicht zu großen Teilen den gesellschaftlichen Erwartungen und Standards.
- beschreibt Personen, deren Denken und Fühlen von der gesellschaftlichen "Norm" (=neurotypisch) abweicht. Neurodivergenz ist ein Spektrum, das sehr unterschiedlich definiert wird. Autistische Menschen, Personen mit AD(H)S, Lese-Rechtschreib- oder Rechen-Schwäche fallen fast immer darunter. Je nach Definition auch hochbegabte, hochsensible Personen, Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen, Personen mit Lernschwierigkeiten, Menschen mit Synästhesie in das Spektrum. Das heißt: Nicht alle neurodivergenten Personen sind auch behindert (siehe hochbegabte Menschen, aber auch viele Menschen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche….).